Ist Ihnen der Begriff des Portfolios schon begegnet? Sicher haben Sie schon von Aktienportfolios, Künstlerportfolios oder Leistungsportfolios von Firmen gehört. Immer geht es um eine Zusammenstellung oder eine Mappe mit besonders guten, oder im Fall der Aktienportfolios besonders ausrichtsreichen, Leistungen oder Produkten.
Das Portfolio als Lernhilfe oder Bewertungswerkzeug ist für Sie vielleicht neu. In diesem Kapitel möchten wir daher zuerst einmal klären, was ein Portfolio im Lernkontext ist und was die E-Portfolio-Arbeit ausmacht. Denn wie immer wenn wir mit Begriffen hantieren, ist ein gemeinsames Begriffsverständnis wichtig, um am Ende die Ziele zu erreichen, die wir uns und die Lerngemeinschaft sich gesetzt hat.
Der Begriff setzt sich aus den beiden lateinischen Wörtern "portare" für "tragen" und "folium" für "Blatt" zusammen. Zusammengesetzt bedeutet dies so etwas wie "tragbare Mappen" oder "tragbare Schriftstücke". Geht man vom Wortstamm aus, ist ein Portfolio also lediglich eine Sammlung von Leistungen, die weitergegeben werden kann.
Betrachtet man das Portfolio als Hilfsmittel zum Lernen und Lehren kann die Definition von Paulson und Paulson herangezogen werden:
A portfolio is a purposeful collection of student work that exhibits the students efforts, progress and achievements in one or more areas. The collection must include student participation in selecting contents, the criteria for selection, the criteria for judging merit, and evidence of student self-reflection.
Oder auf Deutsch:
Ein Portfolio ist eine zielgerichtete und systematische Sammlung von mit Anstrengung erstellten Arbeiten, welche die individuellen Bemühungen, Fortschritte und Leistungen in einem oder mehreren Fachgebieten darstellen und reflektieren. Diese Sammlung sollte die Entscheidung des Lernenden für die Auswahl der Inhalte und deren ausschlaggebende Kriterien darstellen sowie die Einschätzung eigener Leistungen und seine Selbstreflexionsfähigkeit zeigen (Paulson, Paulson, & Meyer, 1991, S. 60, Übers. d. V.).
Die elektronische Variante des Portfolio hat genau wie das papierbasierte Portfolio das Ziel, den Lernenden bei der Erstellung, Auswahl und Reflexion von Lernprodukten zu unterstützen. Das E-Portfolio soll:
Als elektronische Sammlung von Artefakten kann ein E-Portfolio verschiedenste Formate annehmen und beinhalten (Text, Bild, Video, Audio, …). In welchem Format das E-Portfolio geführt wird und welche Software dahinter steckt, bestimmen oft auch die didaktischen Entscheidungen, die der E-Portfolio-Arbeit zugrunde liegen. Sammlung,Organisation und Freigabe der Artefakte wird durch ein Content Management System (z. B. OPAL) unterstützt. In der Regel verfügt die Software über ein Rechtevergabesystem, mit dem durch den Besitzer des E-Portfolios Schreib- und Leserechte zugewiesen oder entzogen werden können. Im Kapitel "Medien und Technologien" können Sie mehr darüber erfahren.
Es gibt ganz unterschiedliche Taxonomien und Kategorien nach denen man e-Portfolios einteilen kann (vgl. Baumgartner 2012, 24ff.). Eine grobe Einteilung sei im folgenden vorgeschlagen:
Zusammenfassend definieren Hornung-Prähauser et. al.:
E-Portfolio ist eine digitale Sammlung von “mit Geschick gemachten Arbeiten“ (=lat. Artefakte) einer Person, die dadurch das Produkt (Lernergebnisse) und den Prozess (Lernpfad/Wachstum) ihrer Kompetenzentwicklung in einer bestimmten Zeitspanne und für bestimmte Zwecke dokumentieren und veranschaulichen möchte. Die betreffende Person hat die Auswahl der Artefakte selbstständig getroffen, und diese in Bezug auf das Lernziel selbst organisiert. Sie (Er) hat als Eigentümer(in) die komplette Kontrolle darüber, wer, wann und wie viel Information aus dem Portfolio einsehen darf.
(Hornung-Prähauser, Geser, Hilzensauer & Schaffert, 2007, S. 14)
Als Artefakte bezeichnet man den Inhalt des Portfolios. Modulare Einheiten reihen sich aneinander und dokumentieren Lernentwicklung und Kompetenzzuwachs.
Der Begriff "Artefakt" setzt sich aus den lateinischen Wörtern "arte" (Kunst, Geschick) und "factum" (das Werk, das Gemachte) zusammen. Artefakte sind also "mit Geschick gemachte Arbeiten".
Artefakte können Textartefakte, Dateiartefakte (Bild-, Video- oder Audiodateien) oder Blogartefakte/Lerntagebucheinträge sein. Jede Software bietet hier andere Bezeichnungen, Formate und Integrationsmöglichkeiten an.
Die Auswahl der Artefakte trifft der Lernende selbst. Dabei hat er oder sie zu beachten, dass die erstellten oder recherchierten Artefakte den Lernprozess widerspiegeln. Artefakte sollten immer mit dem vorher vereinbarten (oder sich selbst gesetzten) Lernziel in Verbindung stehen.
Bildquellen:
Bild 1: Sammeln von Lernprodukten bis zum Expertentum!? CC-BY-NC-ND Hikingartist
Bild 2: TUDfolio
Bild 3: Präsenation der eigenen Lernergebnisse als elektronische Artefakte auf einer Website +Feedback CC-BY-NC-ND Hikingartist