Interaktion
Zusammenfassung des Basistexts 08:
Goffman, Erving (1974): Die Territorien de Selbst. In: Ders: Das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt/Main: 54–96.
In seinem Text „Die Territorien des Selbst“ befasst sich der amerikanische Soziologie Erving Goffman mit dem Begriff des Anrechts und des Anspruchs sowie mit dem Versuch, diese Ansprüche zu verteidigen. Der Text ist in fünf Kapitel gegliedert, wobei er im letzten Schlussfolgerungen zieht.
Zu Beginn setzt sich Goffman mit den Ansprüchen eines Individuums auseinander. Er stellt fest, dass eine Art von Ansprüchen besonders ist, nämlich die des Territoriums. Ein Territorium kann als ortsgebundenes, situationelles oder egozentrisches Reservat verstanden werden. Das prototypische Reservat ist räumlich ausgedehnt und ortsgebunden. Goffman definiert acht räumliche und nichträumliche Territorien egozentrischer oder situationeller Art: persönlicher Raum, Box, Benutzungsraum, Reihenposition, Hülle, Besitzterritorium, Informationsreservat und Gesprächsreservat. Das gemeinsame Merkmal dieser Territorien ist ihre determinierende Variabilität. Der Umfang eines Reservates kann, bei gleichbleibendem Schauplatz, je nach Macht und Rang eines Individuums unterschiedlich sein. (S. 54-70)
Anschließend beschäftigt sich Goffman mit Besitzansprüchen, die Personen gegenüber einem Reservat haben und wie diese deutlich werden. Dieser putative Besitzanspruch wird von Goffman „Markierung“ genannt. Hierbei unterscheidet er drei Arten von Markierungen: zentrale Markierung, Territoriumsmarkierung und Stempel. (S. 71-73)
Im dritten Kapitel wird auf Mittel und Formen von Territoriumsverletzungen eingegangen. Hier stellt Goffman sechs Formen der Grenzüberschreitung fest: die Platzierung eines Körpers in Relation zu einem vom Anderen beanspruchten Territorium, der Körper, das Anschauen, die Einmischung durch Laute, das Ansprechen und die Exkremente. Letztere unterteilt er noch einmal in Unterkategorien. (S. 74-78)
In Kapitel vier stellt Goffman fest, dass die bloße Untersuchung von Territorien und deren Verletzung nicht ausreicht, um die Vielfalt territorialer Übertretung zu ordnen. Die Schwierigkeit liegt in der Tatsache, dass es verschiedene Personen sind, welche Anspruch auf ein Territorium haben und somit auch verschiedene Personen, welche Trerritoriumsgrenzen übertreten können. Unter territorialen Übertretungen lassen sich drei Kategorien verstehen: das Eindringen, die Aufdringlichkeit und die Selbstverletzung. (S. 81-88)
In seinen Schlussfolgerungen werden noch drei allgemeine Bemerkungen zum Problem in Bezug auf Territorialität und die Interaktion von Angesicht zu Angesicht gemacht. Dabei bezieht Goffman sich erstens auf die Durkheim’schen Kategorien und stellt fest, dass es auch eine große Ähnlichkeit im Vergleich zum Verhalten von Tieren gibt. Zweitens kritisiert er, dass bei der traditionellen Denkweise in Bezug auf Regelverletzungen sich nur auf den Ansprucherhebenden und einen potenziellen Regelübertreter konzentriert wird und dabei oft die Rolle der Situation vernachlässigt wird. Drittens stößt man bei der Betrachtung von egozentrischen oder situationellen Reservaten des Selbst auf Momente, welche eine zentrale Bedeutung für die Beurteilung eines Individuums sind. Hierbei geht es um die Rolle, die das Individuum besitzt, um zu beeinflussen, was mit dem, auf das es Anspruch erhebt, passiert. (S. 92-94)