PS: Anselm von Canterbury und der Gottesbeweis

TU Dresden | Sommersemester 2020 PS: Anselm von Canterbury und der Gottesbeweis

Es muss keineswegs ein Glasperlenspiel und Nachgraben in erschöpften Gedankengängen sein, sich heute noch mit Fragen der Gottesbeweise philosophisch zu befassen. Vielmehr kommt gerade der Auseinandersetzung mit dem sogenannten ontologischen Gottesbeweis ein großes systematisches Gewicht zu. Allerdings ist diese systematische Aktualität des ontologischen Gottesbeweises nicht primär in Problemen von Metaphysik, Modallogik oder Religionsphilosophie gegeben, sondern vielmehr in einer erkenntnistheoretischen Konzeption von Intentionalität, die allen großen Varianten des ontologischen Gottesbeweises meist unbemerkt zugrundeliegt. Diese verborgene gnoseologische Grundkonzeption sah sich dereinst mit den nahezu identischen systematischen Problemen der Erkenntnisbegründung konfrontiert, mit denen auch viele Spielarten zeitgenössischer erkenntnistheoretischer Bemühungen zu „kämpfen“ haben. Gerade in „ANSELMS Argument“ manifestiert sich eine enge Verschränkung von Gnoseologie und Religionsphilosophie, deren Grundzüge und aktuelle Relevanz im Hauptseminar herausgearbeitet werden sollen. Die Idee eines Gottesbeweises soll nun andererseits – so eine weit verbreitete irrige Sicht der Dinge aus der Perspektive gläubiger Christen - in der religiösen Geschichte des Abendlandes nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Jedoch: Selbst wenn der Gott der Denker keine Folgen für die Volksfrömmigkeit gehabt hätte, bliebe es trotzdem eine reizvolle Aufgabe, das Gespräch fortzusetzen, dessen Thema das große IST, das Sein Gottes war. Allerdings hätte sie nur den Reiz eines Glasperlenspiels. Tatsächlich aber waren die Überlegungen christlicher Denker, ob Gott sei, niemals gänzlich folgenlos: „Bittet man einen Menschen um Kleingeld, hält er einen Vortrag über den Gezeugten und Ungezeugten; fragt man nach dem Preis eines Brotes, erhält man zur Antwort, der Vater sei größer als der Sohn; fragt man, ob das Bad angerichtet sei, lautet die Antwort, der Sohn sei aus dem Nichts erschaffen.“ Diese Charakteristik der geistigen Atmosphäre im Byzanz des ausgehenden vierten Jahrhunderts hat GREGOR VON NYSSA überliefert. Vergleichbare Auswirkungen bis noch in unsere Alltagsdebatten hinein hat wohl insbesondere auch das berühmt-berüchtigte „unum argumentum“ ANSELMS gehabt.


Bitte werfen Sie ab 1. April pro Woche einmal einen Blick in den OPAL-Ordner, damit wir auf diesem Wege die Präsenzlehrveranstaltungen ab Mai vorbereiten können.

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