Kunst am Oberrhein um 1500 (Schmidt)

TU Dresden | Wintersemester 2021 / 2022 Kunst am Oberrhein um 1500 (Schmidt)

Schon im Mittelalter profitierten Städte wie Basel, Freiburg i. Br., Colmar und Straßburg von ihrer räumlichen Nähe und der Verbindung durch den Rhein. Neben einer verstärkten wirtschaftlichen und politischen Kooperation lässt sich für die Region seit dem 15. Jahrhundert aber auch ein besonderes geistiges und kulturelles Klima konstatieren, was sie zum Anziehungspunkt für Humanisten, Künstler und Kunsthandwerker werden ließ. Neben der Gründung der Universitäten in Freiburg (1457) und Basel (1459) war hierfür vor allem die Erfindung des Buchdrucks verantwortlich, in deren Folge sich Straßburg (seit 1458) und Basel (1464) zu zentralen Verlagsstandorten des deutschsprachigen Raums entwickelten.

In Basel erschien 1494 zugleich der erste Bestseller der deutschen Literatur: Sebastian Brants Moralsatire Das Narrenschiff verdankte ihren großen Erfolg auch ihren Illustrationen, in denen sich zahlreiche Errungenschaften der frühen Druckgraphik gebündelt finden. Ein Teil der Holzschnittentwürfe wird heute dem jungen Albrecht Dürer (1471–1528) zugeschrieben, den seine Wanderschaft zu Beginn der 1490er-Jahre auch nach Basel geführt hatte. Dem Aufenthalt war ein Besuch in Colmar vorausgegangen, wo der aufgesuchte Martin Schongauer (um 1445/50–1491) allerdings kurz zuvor verstorben war. Mit Hans Baldung Grien (1484/85–1545) absolvierte auch Dürers wichtigster Mitarbeiter seine Ausbildung in der Region, genauer in Straßburg, wohin der „Grüne“ zudem nach seiner Nürnberger Zeit zurückkehrte. Weit über seine Hexendarstellungen hinaus ist sein Einfluss bei zeitgenössischen Künstlern in der Region spürbar. Dies gilt in besonderem Maße für die Arbeiten Urs Grafs (um 1485–um 1528), der – mit kurzer Unterbrechung – von 1510 bis zu seinem Tod in Basel nachweisbar ist. Während Graf nur wenige malerische Arbeiten zugeschrieben werden, hat sich von ihm ein umfangreiches zeichnerisches Werk erhalten, das ihn – neben dem Berner Niklaus Manuel (um 1484–1530) – als innovativsten eidgenössischen Künstler des frühen 16. Jahrhunderts erscheinen lässt. Seine Darstellungen von Söldnern und Prostituierten spiegeln zugleich die Umstände ihrer Entstehung, Graf selbst verdingte sich (wie Manuel) während mehrerer Feldzüge als Reisläufer. Parallel dazu war er für alle namhaften Basler Verleger tätig, unter anderem entwarf er wiederholt Frontispize für die bei Johann Froben erscheinenden Werke des Erasmus von Rotterdam (um 1466/69–1536). Der niederländische Philosoph hatte sich 1514 in Basel niedergelassen, wo er 1536 – nach einem Intermezzo in Freiburg – auch verstarb.

Die skizzierten Lebensläufe und Verknüpfungen können nur andeuten, welche Bedingungen dafür verantwortlich waren, dass Künstler wie Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien oder Hans Holbein d. J. (1497/98–1543) kurz vor oder nach der Wende zum 16. Jahrhundert in den Städten am Oberrhein tätig wurden. Ziel des Seminars wird es folglich sein, sich anhand konkreter Beispiele mit den um 1500 in der Region vorherrschenden topographischen Voraussetzungen auseinanderzusetzen. Dass sich die entstandenen Kunstwerke nicht ohne die Einbeziehung äußerer Einflüsse und früherer Entwicklungen begreifen lassen, zeigt das Beispiel des aus Rottweil stammenden Basler Malers Konrad Witz (um 1400–1446), der bereits entscheidende Impulse aus der niederländischen Kunst empfing.

Die Bereitschaft zur regelmäßigen Teilnahme und zur Übernahme eines Referats wird bei allen Teilnehmer:innen vorausgesetzt. Bei Fragen und Themenwünschen wird um eine vorherige Kontaktaufnahme per E-Mail gebeten.

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