TU Dresden | Sommersemester 2022 HS: Kant

Kants Moralphilosophie basiert in einer kaum zu überschätzenden Weise auf einem neuen Verständnis des Willens. Für Kant ist so etwas wie Freiheit des Willens nämlich nur dann denkbar, wenn die Theorie des Willens sich von der Kausaltheorie des Willens (besonders seiner neuzeitlichen Vorgänger) zu einer Prinzipientheorie des Willens transformiert. Wer die Frage nach der Möglichkeit eines freien Willens mit der Frage danach gleichsetzt, ob der menschliche Wille von vorhergehenden Ereignissen determiniert werde (oder ob dies nicht der Fall sei), hat dem Verständnis Kants nach überhaupt nicht begriffen, auf welcher Ebene sich die Freiheitsproblematik der Moralphilosophie letztlich zu verorten habe.
Er bewegt sich dann nur auf dem Niveau der „negativen Willkürfreiheit“, die ausschließlich ein Appendix theoretischer Rationalität sein kann. Kants Analyse der Willensfreiheit kommt deshalb zu dem provozierenden Ergebnis, dass ‚Phänomene‘ wie die rationale Setzung von Weltzwecken oder etwa zustandsbedingte Willensimpulse nicht in jenen genuinen und konstitutiven Sinn der Eigenbestimmtheit des Willens gehören, den alle möglichen Vernunftwesen unter Einschluss Gottes (falls es ihn geben sollte) in Anspruch nehmen könnten und müssten. Nur die Prinzipien einer Rationalität, die noch vor der Unterscheidung zwischen endlicher Vernunft und unendlicher Vernunft liegen, vermögen - so Kants Lehre - die Autonomie des menschlichen Willens zu verbürgen. Und nur eine solche neue moralphilosophische Sicht macht es dem Selbstverständnis Kants nach möglich, das Prinzipiengefüge des reinen Willens als reine praktische Vernunft verstehen zu können - und damit erstmals einen echten Sinn von praktischer Vernunft zu entwickeln, der sich nicht in irgendeiner Art derivativ zur theoretischen Rationalität verhält. Allererst auf diesem systematischen Fundament lässt sich in den Augen Kants eine Prinzipienlehre der Moral philosophisch durchführen.

Strebsame Studierende besitzen Ausgaben der Kritik der reinen Vernunft, der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten und der Kritik der praktischen Vernunft. Bitte seien sie zu Beginn des Hauptseminars strebsam!

Lehrmodus der Veranstaltung (digital, Präsenz oder hybrid) wird noch bekannt gegeben.

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