Sorbische Literatur in deutscher Sprache nach 1945: Der Fall Jurij Brězan

TU Dresden | Wintersemester 2022 / 2023 Sorbische Literatur in deutscher Sprache nach 1945: Der Fall Jurij Brězan

Jurij Brězan gilt als der bedeutendste sorbische Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Mit Werken wie der Entwicklungs- und Gesellschaftsroman-Trilogie um die Figur Felix Hanusch (1958-1964), Bearbeitungen des Krabat-Sagenstoffes in den Romanen Die Schwarze Mühle (1968), Krabat oder Die Verwandlung der Welt (1976) und Krabat oder Die Bewahrung der Welt (1995) und zahlreichen anderen Texten trug er entscheidend zur Modernisierung und Weiterentwicklung der sorbischen Literatur sowie zur Popularisierung sorbischer Themen bei. Entscheidend dafür war seine Entscheidung ab den 1950er Jahren, seine Texte meist auch in deutscher Sprache zu verfassen und zunehmend sogar mit den deutschsprachigen Textversionen als Erstfassungen zu beginnen. Der sorbischen Literatur als Minderheiten- und interkultureller Literatur wies Brězan damit den Weg in Richtung einer Neupositionierung in der seit jeher spannungsreichen sorbisch-deutschen kulturellen Sphäre. Er selbst wurde als „zugleich sorbische[r] und deutsche[r] Autor“ (Joachimsthaler 2011: 420) zum anerkannten Vertreter der neueren deutschen Literatur (sowie der DDR-Literatur), musste sich von sorbischer Seite allerdings ebenso mitunter den Vorwurf gefallen lassen, durch das Schreiben auf deutsch zur schleichenden Assimilation der slawischen Minderheit beigetragen zu haben. Ausgehend von der Betrachtung des Entstehens einer sorbischen Literatur in deutscher Sprache nach 1945 werden wir uns im Seminar dem Leben und Werk Jurij Brězans in Ausschnitten nähern und einige seiner zentralen Texte entlang aktueller literatur- und kulturwissenschaftlicher Fragestellungen beleuchten. Vor dem Hintergrund der sorbisch-deutschen Literaturgeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigen uns u.a. Themen wie die ideologische Vereinnahmung sorbischen Schreibens zur Zeit der DDR, das Verhältnis zwischen dem ‚Eigenen‘ und dem ‚Fremden‘, Fragen der (sorbisch-deutschen) Identitätsformation sowie politische, diskursive und symbolische Machtstrukturen in Brězans Texten.

Behandelt werden ausschließlich deutschsprachige Texte Brězans, daher sind Sorbischkenntnisse zur Seminarteilnahme nicht erforderlich. Das Seminar ist lektüreintensiv und setzt die Bereitschaft zur ausgiebigen und kontinuierlichen Beschäftigung mit den gelesenen Texten sowie zur aktiven Mitarbeit im Seminargespräch voraus.

Literatur

Gelesen werden voraussichtlich folgende Texte: Wie ich mein Vaterland fand (Gedicht, 1950); Wie die alte Jantschowa mit der Obrigkeit kämpfte (Erzählung, 1951); Der Gymnasiast (Roman, 1958); Mannesjahre (Roman, 1964); Die Schwarze Mühle (Roman, 1968); Krabat oder Die Verwandlung der Welt (Roman, 1976); Die Leute von Salow (Roman, 1997)

Zur einführenden Lektüre empfohlen: Dietrich Scholze: Jurij Brězan. Leben und Werk. Bautzen: Domowina 2016.

Zugang zum Kurs gesperrt. Bitte melden Sie sich an. Login
Informationen zum Zugang
Sie haben zu wenig Berechtigungen, um diesen Kurs zu starten.