Engel als transzendente Grenzgänger in der Literatur
Als Boten und Verkünder eines biblischen Gottes sind sie allgemein bekannt: Engel. Sowohl im Alten als auch Neuen Testament sind sie vertreten und nehmen dort zumeist die Funktion der Ankündigung oder Offenbarung göttlichen Willens und Weltgeschehens ein. Der spätantike Kirchenvater Aurelius Augustinus nutzte eine Aufteilung in gute und böse Engel als Fundament für seine theologischen Argumentationen und die Konzeption des sogenannten „Gottesstaates“. Spätestens aber seit dem 17. Jahrhundert erfährt das Motiv des Engels auch eine Bedeutungsveränderung hinsichtlich seiner Funktion in der Literatur. So schreibt John Milton in seinem epischen Gedicht „Das verlorene Paradies“ ausführlich über den Werdegang des gefallenen Engels Satan oder Heinrich Heine zur Mitte des 19. Jahrhunderts von irdischen Engeln, die ganz ohne den Glauben an den traditionell-kirchlichen Himmel existieren. Rainer Maria Rilkes „Duineser Elegien“, Stefan Heyms „Ahasver“ sowie Terry Pratchetts und Neil Gaimans „Ein gutes Omen“ werden u. a. in diesem Seminar zudem im Kontext des Motiv- und Symbolkomplexes ‚moderner‘ literarischer Engel zu behandeln sein. Dabei soll sich im Verlauf des Seminars der Frage gewidmet werden, inwiefern Engel als literarische Grenzgänger zwischen menschlichen Erfahrungswelten und transzendenten Vorstellungen fungieren. Es wird zusätzlich auch immer wieder auf die sozialen, kulturellen und politischen Diskurse einzugehen sein, die daran anknüpfend ebenfalls mitschwingen.