S The American Picture: Kunst, Bildpolitik und nationale Selbstentwürfe (Schmidt)
2026 jährt sich die Proklamation der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zum 250. Mal. Das Jubiläum bildet den Anlass, die Rolle der Kunst bei der Erfindung, Festigung und (De-)Konstruktion nationaler Selbstbilder genauer in den Blick zu nehmen. Angefangen mit der Gründung und Expansion trug die bildliche Fixierung nationalspezifischer Themen fundamental zur Konstitution der eigenen Identität und Legitimierung politischen Handelns bei: Wurden im 19. Jahrhundert die Ausdehnung nach Westen und die damit einhergehende Verdrängung der Native Americans von allegorischen Überhöhungen wie John Gasts American Progress (1872) begleitet, eröffnete im 20. Jahrhundert das Medium des Films mit dem charakteristischen Genre des Westerns die Möglichkeit, den Mythos Amerika global zu installieren. Bis heute werden in der US-amerikanischen Politik wirkmächtige Symbole zur Legitimation von Machtverhältnissen herangezogen.
Auf der anderen Seite nehmen zeitgenössische Künstler*innen die Bildpolitik der Vereinigten Staaten kritisch in den Blick, die seit der zweiten Amtszeit Donald Trumps auch verstärkte Zensurmaßnahmen und eine revisionistische Geschichtsschreibung umfasst. Während Kara Walker, Titus Kaphar oder Kehinde Wiley die verdrängten Geschichten von Sklaverei, Lynchjustiz und strukturellem Rassismus thematisieren, verknüpfen Roger Shimomura, Jaune Quick-to-See Smith oder Wendy Red Star das dominante Narrativ der weißen Mehrheitsgesellschaft mit Fragen nach kultureller Zugehörigkeit und historischer Erinnerung. Das Seminar untersucht mittels exemplarischer Fallstudien aus drei Jahrhunderten, welchen Anteil Kunst und visuelle Kultur an der Erfindung, Verbreitung, Kritik und Revision des „amerikanischen Bildes“ haben.
Die Bereitschaft zur regelmäßigen Teilnahme, zur Übernahme eines Referats und zur Lektüre begleitender Texte wird vorausgesetzt. Die Vergabe der Referatsthemen erfolgt in der ersten Sitzung am 29.10.2025. Die Anmeldung zum Seminar erfolgt über OPAL.