Hello Kittler

TU Dresden | Wintersemester 2015 / 2016 Hello Kittler

 

Ja, Sie haben richtig gelesen! Es handelt sich nicht um ein Hello Kitty-Seminar. Aber was denn dann? Wem gilt das Hello? Es gilt: Friedrich A. Kittler, Ikone der Medienwissenschaft, Streitfigur der Germanistik und Geisteswissenschaft, der er nachhaltig den „Geist“ ausgetrieben bzw. der Germanistik vorgeführt hatte, wie der Geist überhaupt als nichts weiter als ein Medieneffekt in die deutsche Nationalphilologie Einzug erhielt. Worin aber liegt das verbindende Glied zwischen Kitty und Kittler, jenseits einer brisanten Homographie?

Hello Kitty ist vielleicht die berühmteste Katze der Welt. Friedrich A. Kittler gilt als der Begründer der deutschen Medienwissenschaft. Hello Kitty eroberte den Weltmarkt durch ihre Anpassungsfähigkeit genauso wie durch ihren unverkennbaren Stil. Ihr schlichtes Katzengesicht ziert überladenes rosa Kinderspielzeug genauso wie zeitlosere Damen-Accessoires in Grau, Schwarz und Weiß. Sie ist Symbol von Stilikonen aller Altersstufen, Vorbild in Designfragen und findet sich auf Alltagsutensilien wie Toastern oder Flugzeugen, so dass man wohl von einem Hello Kitty-Effekt sprechen kann. Ein Effekt, der das alterslose Katzenfräulein mit dem Germanisten, der die Germanistik generalüberholte, verbindet. Gleichzeitig so überladen und schlicht sind die Ideen seiner Habilitation Aufschreibesysteme 1800/1900, mit der er die Germanistik in das Zeitalter einer avancierten, auf den Text ausgerichteten Medienwissenschaft führte. Der Kittler-Effekt stellt sich ein, wenn die beispiellose Kombination von Medientheorie (Toronto School), Psychoanalyse (Lacan), Grammatologie (Derrida) und Diskursanalyse (Foucault) auf die Grundfertigkeiten philologischer Lektüre trifft und über die Brillanz und Vielschichtigkeit einiger Sätze wie in Anbetracht eines Kunstwerks staunen lässt. Er stellt sich ein, wenn der Versuch an einem Genie teilzuhaben, das schließlich die Decodierung von Schaltplänen und Blaupausen der Lektüre von Goethe und Schiller vorzieht, in die Nachahmung eines bestimmten Gebrauchs des Deutschen, des sogenannten Kittler-Deutschs, mündet, oder eine Reihe von Epigonen (die Kittler-Jugend) hervorbringt, die den Geisteswissenschaften restlos den Geist austreiben, indem sie die Konstruktion eines Turnschuhs der Kenntnis klassischer Texte vorziehen.

Im Seminar wollen wir dem Phänomen Friedrich A. Kittler auf die Spur kommen. Seine frühen der Germanistik anverwandten, Texte jenen Texten seiner technischen Wende gegenüberstellen sowie seine Methodik und Ideen historisch und systematisch kontextualisieren (Lacan, Heidegger, Foucault, Derrida, McLuhan). Wir wollen uns gemeinsam in einem Close-Reading den teilweise schwierigen bis hermetischen Texten Kittlers widmen, sie am Originaltext (E.T.A. Hoffmann, Goethe, Kleist) prüfen, wollen seine Eleganz nachvollziehen und den Konsequenzen und Sackgassen seiner Überlegungen nachspüren.

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