Glossar "Qualifizierter Konsens"

HTWK Leipzig | semesterübergreifend Glossar "Qualifizierter Konsens"

In diesem Glossar sind einige Begriffe im Zusammenhang des "Qualifizierten Konsens" dargestellt.

Nur zur Erinnerung: jeder "Begriff" besteht aus zwei Teilen:

  • Definition - der Inhalt, "was man begriffen hat" (J.W.Goethe!), und
  • Benennung oder Bezeichnung -  die Worthülse um die Definition.

Das Problem mit den Begriffen ist halt, dass derselbe Inhalt unterschiedlich benannt werden kann, z.B. in "Fremdsprachen", Fachsprachen, Dialekten.

Und schlimmer noch: oft wird eine bestimmte Benennung mit unterschiedlichen Inhalten verwendet, z.B. "Prozess", "Kapital" u.v.a.m. Das kann sehr problematisch werden, wenn diese Begriffe für die einzelnen Personen zu "Selbstverständlichkeiten" geworden sind.  Deshalb sollte in jeder neuen Situation an eine Verständigung über die Begriffe gedacht werden!

Übrigens: Wenn im qKonsens ein "Klärtext" erscheint, dann nur zu dem einen Zweck, die in der Kernaussage verwendeten Begriffe gegen Missdeutungen zu sichern!

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Bewertung der Kernaussagen

Mit "Bewertung" ist hier die definitive Zustimmung oder eben auch Ablehnung der Teilnehmer zu den einzelnen Kernaussagen gemeint.

Die verwendete fünfwertige Likert-Skala realisiert nach bisheriger Kenntnis den bestmöglichen
Kompromiss zwischen den Extremen "zu fein" und "zu grob":

    ++    Volle Zustimmung
    +      Zustimmung, aber Wunsch nach Verbesserung, ggf. Diskussion
    =      momentan keine Bewertung, weil unwichtig, oder Informationsmangel, oder oder...
    -       Ablehnung, aber Anerkennung eines "Körnchens Weisheit", ggf. Diskussion
    - -    strikte Ablehnung.

Weitere wünschenswerte Bewertungen nach Wichtigkeit, Neuheit/Originalität, sprachlicher Prägnanz und ggf. weitere sind nicht formal definiert, das sie nur für wenige Kernaussagen substanziell relevant sind. Wer sie als relevant einschätzt, kann und soll sie in Diskusionsbeiträge einbringen.

Bewertung von Diskussionsbeiträgen

Die Diskussionsbeiträge zu den Kernaussagen sollen nur zweiwertig bewertet werden können. "Like" bedeutet hier die Aufforderung an die Moderatoren: "Dieser Diskussionsbeitrag soll berücksichtigt/in die Kernaussage eingearbeitet werden!" Dementsprechend sagt "Dislike": "Dieser Diskussionsbeitrag soll ignoriert werden."

Dieser Mechanismus soll ermöglichen, dass eine möglichst gut überschaubare Anzahl inhaltsreicher Diskussionsbeiträge durch die Bewertungen repräsentativ gewichtet wird.

Demagogenrezept

Von den Nachfahren des Perikles entwickelte Methode: die eigenen Absichten unter einer Vielfalt populärer Aussagen zu verstecken und somit demokratisch legitimieren zu lassen.

A.Hitler hatte diese Methode in "Mein Kampf" perfektioniert. Nach einer Serie von unstrittigen und populären Aussagen(die ebenso in einer katholischen Soziallehre oder in einem sozialistischen Parteiprogramm hätten stehen können) kam urplötzlich im selben Tonfall(! lingua tertii imperii) der Hammer: "also müssen die Juden ausgerottet werden!", "also muss unser Lebensraum nach Osten erweitert werden!" usw.  Am Ende erinnerte sich der hoffnungsvolle Leser nur noch, dass er fast immer zustimmend genickt hatte...

Deshalb ist das Grundprinzip des qualifizierten Konsens, die Kernaussagen als solche herauszustellen und einzeln zu bewerten, für eine demokratische Zukunft substanziell wichtig.

Siehe auch -->Partizipation!

Entwicklungspsychologie

Einer der drei Fundamentblöcke in "Das Erdmännchen-Projekt".

Gegenstand dieser Wissenschaft ist traditionell die Entwicklung der Individuen "in die Zivilisation". Bisher völlig vernachlässigt wird die Frage, wie und warum sich Individuen "aus der Zivilisation heraus" entwickeln.

Nach Meinung des Autors WS ist die Ignoranz gegenüber der Entwicklungspsychologie eine der Hauptursachen für die Probleme der menschlichen Zivilisation.

Erdmännchen-Metapher

Die "Erdmännchen" stehen in dem Büchlein "Das Erdmännchen-Projekt" für die höchstentwickelte Lebensform, die die von den Menschen verursachte globale Katastrophe überlebt.

So stehen sie nun vor unendlich vielen Problemen. Sie zeichnen sich zwar von ihrer Natur her durch starken Überlebenwillen und ausgeprägtes Sozialverhalten aus. Aber sie wissen durchaus, dass sie von den Hinterlassenschaften der Menschen vieles gut gebrauchen können.

Sie haben aber auch erkannt, dass ihnen kein Führer und kein Messias aus dieser Patsche helfen kann. Sie müssen schon selber alle ihre individuellen Potenziale zu gemeinsamem Handeln zusammenführen. Dazu haben sie die Methode -> "Qualifizierter Konsens" entwickelt. Diese gibt allen Beteiligten die Möglichkeit, an Willensbildung und Projektentscheidungen konkret mitzuwirken. Wobei persönliche Konflikte und Animositäten in den Hintergrund treten. "Große Persönlichkeiten" werden dabei (wie in der Menschheitsgeschichte!) als Moderatoren eine große Bedeutung haben...

So vollziehen die Erdmännchen einen Paradigmenwechsel(!) in der Politkultur. Der traditionell personenzentrierte Kampf, welche Position wohl die beste sei, ist obsolet angesichts der Komplexität der heutigen Realität. Es kommt vielmehr darauf an, aus den vielfältigen Positionen diejenigen Komponenten (Kernaussagen!) herauszukristallisieren, die für eine gemeinwohlorientierte Entwicklung effektiv sind.

Erdmännchen-Projekt

Titel eines 2007 beim Engelsdorfer Verlag erschienen Büchleins, in welchem der "qualifizierte Konsens" als "Erdmännchen-Methodik" erstmals begründet und beschrieben wurde.

Evolutionärer Konsens (eK)

"Evolutionärer Konsens" ist bis auf weiteres die Arbeitsbezeichnung für einen methodischen Rahmen, in welchem ein --> "qualifizierter Konsens" schrittweise von --> Station zu Station entwickelt wird.
Dabei sind alle Stationen mit ihrem Datenbestand dauerhaft lebendig, d.h. neue Erkenntnisse über Situation und Möglichkeiten können jederzeit eingebracht werden.

Das Attribut "evolutionär" ist hier in zweierlei Bedeutung relevant:

  1. In einem aktuellen Problemlösungsprozess kann der Konsens über mehrere Stationen relativ kurzfristig erarbeitet werden.
    Die Stationen können grundsätzlich situationsspezifisch definiert und bezeichnet werden.
    Als Standard bietet sich folgendes Schema an:
    • Situationsbeschreibung
    • Problemanalyse
    • Lösungsansätze/Ideensammlung
    • Zielstellungen
    • Konzeption
    • Projekt
    • Aktionsplan
  2. Für einen längerfristigen Willensbildungsprozess wäre im Standardschema "Projekt" durch "Programm" zu ersetzen.
    Dann wäre tatsächlich eine "Evolution" von den Situationen bis zu den Aktionen darstellbar und gestaltbar.

Zugestanden: "Entwicklungen" der ersten Art werden üblicherweise nicht mit "evolutionär" bezeichnet. Aber ist das nicht gerade die Schwachstelle bisheriger politischer Diskussionen, dass solche Entwicklungen chaotisch verlaufen?

Abschließend sei betont, dass es hier grundsätzlich um Stationen der inhaltlichen Diskussion geht.
Entscheidungsprozesse sind grundsätzlich Angelegenheit des sozialen Umfeldes, in dem diese Diskussionen stattfinden.
Ein wichtiger Sonderfall ist allerdings, dass Entscheidungen unter Verwendung des qK/eK-Instrumentariums vorbereitet und getroffen werden können.

Freiheit

... aber:

"Wo viel Freiheit ist, ist auch viel Irrtum!" (F.Schiller) - und viel Missbrauch(smöglichkeit) ...

"Sozialismus ist kein Produkt von Klassenkampf oder roter Gesinnung, sondern: konsequente Logik einer technisch versierten Gattungsintelligenz - die Freiheit nicht länger als Angebotsvielfalt missversteht, sondern als souveräne Konzentration auf die eine, zukunftserhaltende Option. (Dietmar Dath)

Kernaussage

Repräsentative und bewertungsrelevante Aussage über einen bestimmten inhaltlichen Aspekt eines Problemfeldes. In aller Regel ist jedes Problemfeld durch eine Gesamtheit solcher Kernaussagen darzustellen.

Hauptintention ist das Herausheben dieser Kernaussagen aus Kontexten aller Art. Jegliche Begründungen, Ausschmückungen, Provokationen u.a.m. sollen definitiv als Kontext erscheinen - oder entbehrlichenfalls ganz wegbleiben.

Konsens, qualifizierter

Ein Konsens, der

  • jedes Problemfeld durch eine wohldefinierte Menge von Kernaussagen in seinem FÜR und WIDER repräsentiert,
  • Zustimmung und Ablehnung dieser Kernaussagen per Stimmenzahl quantitativ erfasst,
  • Zustimmung und Ablehnung nach "völlig" und "eingeschränkt" graduiert erfasst,
  • systematisch auf Konkretisierung und Präzisierung dieser Kernaussagen orientiert.

Intention des qualifizierten Konsens ist:

  • mehrheitlich getragene Argumente und Positionen deutlich zur Geltung zu bringen;
  • solche Mehrheitspositionen von persönlichen und nebensächlichen Differenzen zu lösen;
  • durch klare Darstellung der Mehrheitsverhältnisse zu den einzelnen(!) Kernaussagen einen fairen Umgang zwischen Mehrheiten und Minderheiten zu befördern;
  • durch graduierte Darstellung von Zustimmung ("++" vs. "+") und Ablehnung ("--" vs. "-") Ungewissheiten als Ansatzpunkte für weitere Diskussionen und  Entwicklungen auszuweisen;
  • somit auch einen Konsens darüber zu erzielen, worin man sich nicht einig ist;
  • letztlich neuen Ideen zu fördern, die ja "als fremder Gast in die Erscheinung treten"(J.W.Goethe!) - also naturgemäß zunächst Minderheitsvoten sind.
Quons
Konsenskiste

Vorläufige Arbeitsbezeichnung für das Basis-Formular des --> qualifizierten Konsens.  In jeder "Konsenskiste" wird jeweils ein bestimmtes Problem- oder Politikfeld ("Objektbereich") strukturiert  dargestellt.

Strukturelemente sind darin die "Kernaussagen". Diese sollen in ihrer Gesamtheit das FÜR und WIDER des Objektbereiches repräsentieren. 

Diese Kernaussagen sollen online bewertet und diskutiert werden können - und zwar jede einzeln.

Inhaltlich sind die Kernaussagen natürlicherweise vernetzt. Die Darstellung in einer linearen Folge ist eine zunächst technisch bedingte Vergewaltigung. Das erfordert gelegentlich Gedankensprünge. Es bleibt dem Geschick der Autoren überlassen, eine für die Leser/Bewerter/Diskutanten optimale Reihenfolge anzubieten.

Damit die Kernaussagen eindeutig bewertet werden können, sollen Kontexte aller Art wie Verweise, Begründungen u.a.m. in einem Info-Text ("Umfeld", "environs") zu jeder Kernaussage separat erscheinen. Diese Info-Texte stehen in der jeweils aktuellen Konsenskiste nicht zur Bewertung. Sie können jedoch diskutiert werden und ggf. Gegenstand einer eigenen Konsenskiste sein.

Sinn der Konsenskiste ist, Klarheit darüber zu gewinnen, worüber die Teilnehmer einig sind - und ebenso, worüber nicht...

Konsenssoße

Vordergründige Übereinstimmung, die jedoch sachliche und persönliche Differenzen wissentlich überspielt und verdeckt.

Das Schlagwort "Konsenssoße" wird gelegentlich benutzt, um ein Bemühen um konstuktiven Konsens zu diffamieren oder zu hintertreiben.

Mehrheit

 

Wann eine Mehrheit entscheidungsrelevant ist, wird von Fall zu Fall vereinbart, z.B.:

  • 50 + x Prozent der Stimmen bei Personen - Wahlen,
  • 2/3  der Stimmen bei Verfassungsänderung.

Allerdings sind Mehrheiten unter Umständen manipulierbar: durch Fehlinformation verführbar oder auch "käuflich". Solcher Manipulation entgegen zu wirken ist eine der Intentionen des -->qualifizierten Konsens.

Partizipation

Grundprinzip der Basisdemokratie, wonach alle Interessierten an politischen Entscheidungsprozessen teilhaben("partizipieren") können.

Partizipation ist in der aktuellen Demokratie nur theoretisch möglich. Komplette Dokumente finden Zustimmung von denjengen Teilnehmern, die ihre Alleinstellungsmerkmale zureichend wiederfinden. Und bei der Diskussion wird nur dasjenige berücksichtigt, was lautstark vertreten wird. Die "Weisheit der Vielen" hat selbst bei gutwilligen Moderatoren kaum eine Chance.

Demgegenüber bedeutet der qualifizierte Konsens, dass zu jeder Kernaussage alle Bewertungen und Kommentare von allen erfasst werden. So kann jeder Teilnehmer selbst entscheiden, zu welchen Kernaussagen er "nur" seine Bewertung beitragen will, und an welchen er sich inhaltlich beteiligen will. Übrigens werden auf diese Weise Mogelpackungen (-->Demagogenrezept) systematisch ausgeschlossen.

Qualifizierter K.

Siehe "Konsens, qualifizierter"

Quons
Strukturierung

"Struktur" bedeutet hier (gemäß mathematisch/physikalischem Gebrauch) die modellmäßige Zerlegung eines Objektbereiches in "Elemente" und die Erfassung von "Beziehungen" zwischen diesen Elementen. Dabei ist zu beachten, dass ein und derselbe Objektbereich nach völlig unterschiedlichen Gesichtspunkten "strukturiert" sein kann - z.B. technisch, ökonomisch, rechtlich, territorial.

In Technik und Wirtschaft sind solche Strukturen unentbehrliche Ordnungsmittel und Kommunikationsgrundlagen. Ohne sie wäre das heutige Niveau der Prozessorganisation überhaupt nicht denkbar!

Der qualifizierte Konsens soll die Effekte einer Strukturierung auch für politische Dokumente erschließen. Zwar kommt eine Strukturierung "bis zur letzten Schraube", wie sie für technische Systeme selbstverständlich ist, für politische Dokumente nicht in Betracht. Aber:

Die Orientierung auf wohldefinierte ->Kernaussagen, deren Herauslösung aus jeglichem Kontext, und die Beschreibung des FÜR und WIDER jeglichen Problemfeldes durch eine Gesamtheit solcher Kernaussagen soll ein neues Niveau politischer Prozesse ermöglichen!

Teilnehmer

An der Willensbildung über einen Objektbereich (Problem- bzw. Politikfeld) beteiligte Person.

Dabei kann der Teilnehmerkreis sehr unterschiedlich sein. Oft sind "geschlossene" Teilnehmerkreise sinnvoll, z.B. die Mitglieder einer Projektgruppe oder die Delegierten eines Parteitages. Andererseits sind im Internet "offene" Gruppen üblich.

Die Anzahl der Teilnehmer ist völlig offen: mehr als eine(r) - und höchstens die ganze Weltbevölkerung. Aber bis auf weiteres wären schon 1000 Teilnehmer ein hohes Ziel...