SS 2023_Kunst und Literatur der Postmoderne in Russland (Do. 14:50, Seminar)

Philosophie, Kunst und Literatur der Postmoderne wurden insbesondere im letzten Drittel des 20. Jahrhundert zum Gegenstand hitziger intellektueller Debatten. Postmoderne war bis ins 21. Jahrhundert eine der wichtigsten Strömungen der europäischen und nordamerikanischen Kultur. In seiner einflussreichen Schrift "Das postmoderne Wissen" (1979) verkündete der Philosoph Jean-François Lyotard „das Ende der großen Erzählungen“, die dem Menschen eine verbindliche bzw. zuverlässige Welterklärung anbieten könnten. Bezogen auf Literatur verbindet man mit der Postmoderne einen skeptischen, subversiven oder ludistischen Umgang mit den gewohnten Schreibmustern, etwa eine ironische Fragmentierung des Erzählens, eine Verselbständigung der Sprache, die die Autonomie solcher Kategorien wie Autor, Erzähler und Leser radikal hinterfragt, solche Genres und Verfahren wie Travestie und Parodie. In der Kunst destabilisiert die Postmoderne wie nie zuvor das Verhältnis zwischen Künstler, Kunstwerk und Betrachter, indem sie den Begriff eines „schönen“ Kunstobjekts nicht mehr anerkennt.

In Russland erfuhren postmoderne Kunst und Literatur erst in den 1990er Jahren ihre Blüte. Im Seminar werden wir analysieren, wie der Zerfall des kommunistischen Systems und die grundlegende Skepsis gegenüber den bisherigen bzw. jeglichen Wahrheits- und Ganzheitsnarrativen die russische Variante der Postmoderne formte. Wir werden die wichtigsten Vertreter:innen der Postmoderne in Russland unter die Lupe nehmen.

Literatur:

Epstein, M., Genis A., and Vladiv-Glover S. (Eds.). 1998. Russian Postmodernism. New Perspectives on post-Soviet Culture. New York, Oxford

Ėpštejn, M. 2005. Postmodern v russkoj literature. Moskva

Lipoveckij, M. 2008. Paralogii. Transformacii (post)modernistskogo diskursa v kul’ture 1920 – 2000-ch godov. Moskva