Mensch, Natur und Umwelt in der sorbisch-deutschen Literatur seit 1945 (Blockseminar)
Zeit/Ort: WiSe 2023/24, in Präsenz, HSZ/301
Dozent: Dr. Willi Wolfgang Barthold
Email: willi_wolfgang.barthold@tu-dresden.de
Telefon (Sekretariat): 0351 463-36365
Büro: Wiener Straße 48, Raum 216
Sprechstunde: nach Vereinbarung
Die sorbische Kultur konstituiert und definiert sich maßgeblich im Bezug zu ihrer Umwelt. Gemeint ist damit nicht nur ihre prekäre Stellung als Minderheitenkultur in einer mehrheitlich deutschsprachigen Umgebung, sondern auch ihre in kulturellen Zeugnissen stets als tief empfunden beschriebene Verwurzlung in der Lausitz, insbesondere ihrer Natur und Landschaft. Als Kultur, deren Selbstbeschreibung sich daher durch einen intensiven Fokus auf das Lokale (‚Ländliche‘, Regionale etc.) und ‚Natürliche‘ (Flora, Fauna, ‚heimatliche Geographie‘ etc.) auszeichnet, ist die sorbische Kultur im Zuge der mit der Modernisierung seit dem 19. Jahrhundert einhergehenden disruptiven und einschneidenden Veränderungen von Natur und Umwelt mit existentiellen Herausforderungen konfrontiert. Die sorbische Literatur, die seit 1945 aufgrund ihrer Zweisprachigkeit auch Teil der neueren deutschen Literatur ist, hat sich dabei als äußerst effektives Verarbeitungs- und Reflexionsmedium dieser Krisenerfahrungen erwiesen. So thematisiert sie etwa beständig die existentiellen Verwerfungen durch die anhaltende Braunkohleförderung in der Lausitz, die mit der Umsiedlung und Zerstörung sorbischer Dörfer verbunden und damit eine akute Bedrohung für den Fortbestand der Kultur ist. Sorbische Autor:innen etablieren damit bereits vor den aktuellen Umwelt- und Klimaschutzbewegungen einen pointierten literarischen Umweltdiskurs, der für die gesellschaftliche Verständigung über ein sinnvolles Verhältnis zwischen Mensch, Natur und Umwelt wegweisend sein kann. Im Seminar wollen wir uns anhand der auch deutschsprachig vorliegenden sorbischen Literatur seit 1945 mit den literarischen Konzeptionen dieses Verhältnisses auseinandersetzen, die aus der poetischen Produktivität einer in ihrer Existenz bedrohten Minderheitenkultur hervorgegangen sind. Neben einer Untersuchung der literarischen Verarbeitungsformen ökologischer Krisen soll dabei auch die Bezugnahme der sorbischen literarischen Selbstbeschreibung auf Natur und Umwelt kritisch analysiert und auf ihre gesellschaftlichen und kulturellen Implikationen hin befragt werden. Dabei befassen wir uns ebenso mit aktuellen Debatten und methodischen Trends der Geisteswissenschaften aus dem Umfeld des Ecocriticism und der Environmental Humanities sowie der Forschung zum ‚ökologischen Erzählen‘, zu Dorf- und Provinznarrativen sowie literarischen Figurationen von ‚Heimat‘. Im Mittelpunkt werden neben etablierten Autor:innen wie Jurij Koch, Jurij Brězan, Kito Lorenc oder Róža Domašcyna auch Texte noch weniger bekannter Gegenwartsautor:innen stehen.
- Behandelt werden ausschließlich deutschsprachige Texte, daher sind Sorbischkenntnisse zur Seminarteilnahme nicht erforderlich. Das Seminar ist lektüreintensiv und setzt die Bereitschaft zur ausgiebigen und kontinuierlichen Beschäftigung mit den gelesenen Texten sowie zur aktiven Mitarbeit im Seminargespräch voraus.
- Die behandelte Primär- und Sekundärliteratur wird am Beginn des Semesters bekannt gegeben.
Die Termine für unsere Block-Sitzungen in Präsenz sind:
28.11.2023, 4.-6.DS, HSZ/301
12.12.2023, 4.-6.DS, HSZ/301
09.01.2024, 4.-6.DS, HSZ/301
23.01.2024, 4.-6.DS, HSZ/301