Seminar: Rollentheoretische Analysen in den Internationalen Beziehungen (WiSe 2025-26)
Seminar: Rollentheoretische Analysen in den Internationalen Beziehungen
Dienstags, 17:15-18:45 Uhr; Präsentationen der Arbeitsgruppen in der abschließenden Blocksitzung am 30. Januar (Freitag!)
Raum: C10.005 (2/N005)
BEGINN: 21. Oktober
Inhalt und Seminarziele
Die Rollentheorie verwendet Metaphern des Theaters und argumentiert, dass Staaten in der internationalen Arena – wie SchauspielerInnen auf der Bühne – bestimmte Rollen spielen. Solche Rollen umschreiben ein Repertoire außenpolitischer Handlungsweisen und ergeben sich aus dem Wechselspiel zwischen den Rollenkonzeptionen des Staates selbst („Ego“) und den international an ihn gerichteten Rollenerwartungen („Alter“). Auf innenpolitischer Ebene sind die Rollenkonzeptionen eines Staates Gegenstand der politischen Auseinandersetzung, sowohl zwischen politischen Eliten untereinander als auch zwischen politischen Eliten und der öffentlichen Meinung. Auf internationaler Ebene kommt es zu Rollenkonflikten zwischen Ego und Alter, falls Rollenkonzeptionen und Rollenerwartungen nicht in Einklang stehen. Solche innenpolitischen und internationalen Prozesse können zu Rollenwandel führen. Im Zuge der fortlaufenden Interaktion zwischen Ego und Alter(s) – dem „role location“-Prozess – werden Staaten im Zeitverlauf in ihre Rollen hineinsozialisiert. Beispiele für Rollen von Staaten in der internationalen Politik sind „Großmacht“, „Zivilmacht“, „regionale Führungsmacht“, „isolierter Staat“ oder „Verbündeter“.
Obwohl die Rollentheorie bereits in den 1970er Jahren in die Internationalen Beziehungen (IB) eingebracht wurde, hat sie vor allem in den letzten 15 Jahren deutlich an Aufmerksamkeit im Fach gewonnen. Bedeutende Anwendungen umfassen beispielsweise Arbeiten zur Zivilmachtrolle Deutschlands, zur internationalen Rolle Großbritanniens nach dem Brexit, zu Rollenkonflikten zwischen den USA und China oder zur regionalen Führungsrolle Brasiliens in Südamerika. Die Theorie bietet ein reichhaltiges terminologisches und konzeptionelles Handwerkszeug zur Untersuchung internationaler Politik und verspricht die Integration materieller und nicht-materieller Erklärungsfaktoren auf unterschiedlichen Analyseebenen. Sie gilt daher auch als vielversprechende Brücke zwischen Fragestellungen der IB und der Außenpolitikforschung (FPA).
Vor diesem Hintergrund verfolgt das Seminar drei miteinander verschränkte Ziele: Erstens erfolgt eine Einführung in die Rollentheorie in den IB. Zweitens sollen die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen die Rollen ausgewählter Staaten in der internationalen Politik untersuchen, bspw. mit Blick auf deren Genese, Entwicklung oder Auswirkungen. Drittens gewinnen Teilnehmenden in der Zusammenschau einen Eindruck über die vielfältigen rollentheoretischen Arbeiten und Fragestellungen im Fach. Diese Ziele verfolgt das Seminar in drei Schritten. Zunächst erarbeitet das Seminar die begrifflichen und konzeptionellen Grundlagen der Rollentheorie in den IB. Darauf aufbauend werden exemplarisch empirische Beispiele rollentheoretischer Analysen besprochen. Im dritten Schritt erforschen Arbeitsgruppen in kleinen Projekten die internationalen Rollen ausgewählter Staaten und präsentieren in der abschließenden Sitzung die Ergebnisse ihrer Forschung.
Präsentationen
Es wird erwartet, dass sich jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer an einer der Arbeitsgruppen beteiligt, die in Fallstudien ausgewählte rollentheoretische Fragestellungen in der internationalen Politik untersuchen und die ihre Ergebnisse in der abschließenden Blocksitzung vorstellen. Die Präsentationen sollen nicht länger als 20-25 Minuten sein. An die Präsentation wird sich eine Diskussion über die Ergebnisse der Arbeitsgruppen anschließen. Bitte fertigen Sie zudem ein maximal 2-seitiges Handout an und stellen Sie dieses vor Ihrem Referat in den OPAL des Seminars ein. Das Handout soll die Gliederung der Präsentation vorstellen und die wichtigsten Argumente zusammenfassen. Die Arbeitsgruppen wählen ihre Fallstudien bis Mitte November.
Der Seminarplan beinhaltet eine Sitzung, in der gemeinsam Probleme und Herausforderungen der empirischen Analyse in den Arbeitsgruppen diskutiert werden. Bitte kommen Sie zudem spätestens zwei Wochen vor dem abschließenden Seminarblock mit einem Entwurf Ihres Referats in meine Sprechstunde. Den Sprechstundentermin gebe ich in der ersten Seminarsitzung bekannt.
Vorbereitung und Beteiligung
Ein erfolgreiches Seminar lebt von der guten Vorbereitung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ein nachhaltiger Lernerfolg verlangt eine aktive und kritische Beteiligung an den Seminardiskussionen. Dies ist in diesem Seminar besonders wichtig, da es in den wöchentlichen Sitzungen keine Referate geben wird, sondern alle Teilnehmenden gemeinsam intensiv über die Lektüre zur Sitzung diskutieren werden. Ich erwarte daher, dass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer a) den angegebenen Basistext zur Vorbereitung jeder Sitzung gelesen hat und b) sich aktiv an der Diskussion über die jeweilige Thematik beteiligt.
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