Dynamik der Betriebsformen
Mit der "Dynamik der Betriebsformen" ist die Veränderung von Betriebstypen im Zeitablauf gemeint.
Sie gliedern sich in verschiedene Phasen und zwar aufgrund einer unterschiedlichen Preis- und Leistungspolitk im Zeitablauf. Aufgrund veralteter Strukturen im Einzelhandel werden Chancen gesehen, mit neuen Betriebstypen erfolgreich zu sein, in dem die Leistungsfaktoren effizienter eingesetzt werden und rationeller Beschaffungswege gefunden werden. Neue Betriebstypen beginnen nach dieser Theorie mit einer Niedrigpreispolitik im Rahmen eines innovativen Konzepts. Es wird versucht, mit Hilfe aggressiver Preise Marktanteile zu erobern und das neue Unternehmen bietet gängige Produkte und wenige Dienstleistungen auf einer spärlichen ausgestatteten Fläche an.
In einer eine Wachstumsphase mit noch aktiver Wachstumspolitik steigen die Umsätze und es werden bessere Einkaufsmöglichkeiten angeboten.
In der Reifephase kommt es zu verminderter Preisaktivität und es kommt zu einer Annäherung mit den konventionellen Anbietern. In dieser Phase kommt es auch zu dem so genannten Trading-Up. Die Umsatzentwicklung lässt nach und es werden vermehrt Sortimente und Dienstleistungen angeboten, die ursprünglich nicht zum Konzept gehörten. Das Trading-Up hat Kostensteigerungen zur Folge, die über die Preise wieder aufgefangen werden müssen. Der Wettbewerb verlagert sich vom Preis- zum Nichtpreis-Wettbewerb mit den alten Anbietern.
Damit ergeben sich Chancen für die Entwickler neuer Betriebstypen. Der ehemals neue Betriebstyp befindet sich in der Verdrängungsphase und wird durch neue Betriebstypen gefährdet. Der ursprüngliche Preisvorteil verschwindet, Ausstattung und Sortiment der neuen und alten Geschäfte gleichen sich aneinander an. Es erfolgt eine Assimilation der neuen Anbieter. Häufig wird diese Phase durch ein Trading-Down eingeleitet. Sortiment und Dienstleistungen werden reduziert.
Die Verdrängungshypothese wird gestützt auf innerbetriebliche Ursachen, zum Beispiel Erstarrung der Organisation, und außerbetriebliche Ursachen, zum Beispiel Veränderung der lokalen Wettbewerbsbedingungen.
Damit beginnt der Zyklus von vorne, weshalb auch von dem „Wheel of Retailing“ gesprochen wird.
Empirisch ist diese Dynamik nicht nachgewiesen worden. Es gibt zwar Beispiel für, nach denen diese Dynamik existiert (Aldi, Kaufhäuser, Fielmann), aber es gibt auch viele Beispiele, die diese Dynamik der Betriebsformen wiederlegen und die keinen Erfolg gezeigt haben (Automatenverkauf). Außerdem gibt es eine Reihe von Beispielen, in denen neue Betriebstypen erfolgreich mit einer Hochpreisstrategie in einen Markt gegangen sind.
Darüber hinaus lassen sich die Phasen nicht genau gegeneinander abgrenzen und die Phasen können zum Teil sehr lange dauern (das Discountprinzip ist zum Beispiel immer noch sehr erfolgreich und preisaggressiv, trotz Trading-Up).
Letztendlich hat der Einzelhändler auch die Möglichkeit, sein Konzept zu relaunchen (zu überarbeiten, ein neues Konzept zu entwickeln), womit er die Verdrängungsphase vermeiden kann. Das heißt, ein Betriebstyp verschwindet nicht, sondern er verliert an Bedeutung und kann sich so lange durch Anpassungen auf einem anderen Niveau behaupten (Kaufhäuser).
(Quelle: Tietz, Bruno, Der Handelsbetrieb, 2. Aufl., München: Vahlen, 1993, S. 1315 ff.)