Image ist alles! Künstler*innenbiografien und Mythenbildung
„Kaum ein Beruf ist mehr von Mythen umwoben“, schreibt Wolfgang Ruppert zum „modernen Künstler“. Bereits im Jahr 1934 unterzogen Ernst Kris und Otto Kurz dieses soziologische und historische Phänomen in Die Legende vom Künstler erstmals einer Untersuchung, die ins Herz der Kunstgeschichtsschreibung traf. Sie zeigten Topoi auf, die seit der Antike immer wieder in den Viten berühmter Künstler auftauchen und dekonstruierten durch eine umfangreiche und kritische Quellenprüfung die gängigen Vorstellungen über die Künstlerpersönlichkeit. Im Seminar wird ihre Publikation als Grundlagentext den Ausgangspunkt einer kritischen Auseinandersetzung mit den Konzeptualisierungen der Künstlerfigur in der europäischen Kunstgeschichte bilden. Dabei wird auch die Diskussion der feministischen Kunstwissenschaft nachgezeichnet, die die Vorstellung von Künstlerschaft als genuin männliche kritisierte. Der Fokus des Seminars liegt auf dem 20. und 21. Jahrhundert. Anhand ausgewählter Beispiele wird sowohl untersucht, wie Künstler*innen und ihre Biografien in der Rezeption dargestellt werden als auch wie Künstler*innen selbst ihren Status einsetzen, reflektieren oder künstlerisch bearbeiten. Die Studierenden sollen zudem ihren eigenen Umgang mit Künstler*innenbiographien diskutieren und gemeinsam überlegen, wie man sie sinnvoll und reflektiert in kunstwissenschaftliche Untersuchungen integrieren kann.
Von den Teilnehmer*innen des Seminars wird die Bereitschaft zur wöchentlichen Textlektüre erwartet.