Die Marionette in der Literatur und die Augsburger Puppenkiste

TU Chemnitz | Wintersemester 2025 / 2026 Die Marionette in der Literatur und die Augsburger Puppenkiste

„Zudem, sprach er, haben diese Puppen den Vorteil, daß sie antigrav sind. Von der Trägheit der Materie, dieser dem Tanze entgegenstrebendsten aller Eigenschaften, wissen sie nichts: weil die Kraft, die sie in die Lüfte erhebt, größer ist, als jene, die sie an der Erde fesselt.“ Mit diesen Worten beschreibt die Figur des Herrn C. in Heinrich von Kleists kurzer Erzählung „Über das Marionettentheater“ einen der großen Vorteile der Marionetten gegenüber den Menschen. Diese vermeintliche Entkoppelung von physikalischen Bestimmungen ermöglicht es, die Puppe auch in einen metaphorischen Bereich zu übertragen. Sie ist eine Repräsentation des Menschen, jedoch fremdbestimmt und nicht deckungsgleich mit diesem. Sie versinnbildlicht das Schauspiel, ohne selbst Schauspieler zu sein. Sie erscheint als Bindeglied zwischen Spielerischem und Ernstem, Kindlichem und Erwachsenem.

 

Auf der einen Seite findet sich das Puppenspiel bzw. Marionettentheater als räumliches und physisches Phänomen im Rahmen von Aufführungen wieder – man denke dabei auch an die Adaptionen des Fauststoffes. Als literarisches Phänomen auf der anderen Seite ist es beispielsweise in Theodor Stroms Novelle „Pole Poppenspäler“ anzutreffen. Die (Fernseh-)Adaptionen der Werke Johann Wolfgang von Goethes, Charles Dickens’, Josef Ladas, Otfried Preußlers, Max Kruses oder Michael Endes durch die von Walter Oehmichen gegründete Augsburger Puppenkiste brachten das Marionettentheater im 20. Jahrhundert auch in den intermedialen Kontext. Ganze Generationen bis ins 21. Jahrhundert hinein sind mit den Stoffen rund um das Urmel, Jim Knopf, das Sams oder die Katze mit Hut aufgewachsen. Erst 2020 wurde die Geschichte der Augsburger Marionetten dann wiederum vom Autor Thomas Hettche in seinem Roman „Herzfaden“ verarbeitet und mit historischen Zusammenhängen der NS-Zeit in Beziehung gesetzt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Kindheit und Jugend von Hannelore Marschall, der Tochter des Puppenkisten-Gründers und Protagonistin des Romans. Im Rahmen des Seminars sollen literarische Werke, die das Puppenspiel im thematischen und motivischen Zentrum haben, nebst ausgewählte Filmadaptionen der Augsburger Puppenkiste samt ihren literarischen Vorlagen in den Fokus der Betrachtungen rücken und gemeinsam diskutiert werden.

 

Ergänzt wird das Seminar außerdem durch eine zusätzliche und freiwillige Exkursion nach Augsburg im Frühjahr 2026, bei der eine Aufführung der Puppenkiste im historischen Heilig-Geist-Spital gemeinsam besucht werden kann. Die weiteren Details werden mit den interessierten Kursteilnehmenden im Laufe des Semesters abgeklärt.

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