Else Lasker-Schüler
Präsenz- und Online-Seminar: Do.: 14:50 – 16:20 (5. DS)
Kommentar:
Der Arzt und Dichter Gottfried Benn verfasst im Jahr 1952 die prominente Beschreibung über Else Lasker-Schüler – seiner ehemaligen Geliebten:
"Extravagante weite Röcke oder Hosen, unmögliche Obergewänder, Hals und Arme behängt mit auffallendem unechten Schmuck, Ketten und Ohrringen, Talmiringen an den Fingern, und da sie sich unaufhörlich die Haarsträhnen aus der Stirn strich, waren diese, man muss schon sagen: Dienstmädchenringe immer in aller Blickpunkt. Sie aß nie regelmäßig, sie aß sehr wenig, oft lebte sie wochenlang von Nüssen und Obst. Sie schlief oft auf Bänken, und sie war immer arm in allen Lebenslagen und zu allen Zeiten. Das war der Prinz von Theben, Jussuf, Tino von Bagdad, der schwarze Schwan. Und dies war die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte."
(Antje Birthälmer (Herausgeberin): Else Lasker-Schüler "Prinz Jussuf von Theben und die Avantgarde", Wuppertal, 2019, S. 26)
Diese zwischen Verwunderung und Bewunderung formulierten Worte über eine exzentrische und eigenwillige Künstlerin sollten Else Lasker-Schüler nicht mehr erreichen. Die Dichterin, 1869 in Wuppertal geboren, stirbt im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs, 1945, in Jerusalem. Zu Lebzeiten war sie jedoch nicht nur als Lyrikerin bekannt, sondern auch als Zeichnerin, Performerin, Dramatikerin, Kunstschaffende, Freundin zahlreicher Künstler:innen – eine enge Beziehung pflegte sie insbesondere zu Franz Marc – und deutsch-jüdische Intellektuelle. Mit ihrem Werk und ihrer faszinierenden Persönlichkeit prägte sie die Kunstszene einer vibrierenden Avantgarde im Berlin der Jahrhundertwende bis in die frühen 30er Jahre.
In ihren Zeichnungen visualisiert sie die Geschichte der jüdischen, muslimischen und christlichen Kultur und denkt sie aus einer transkulturellen Perspektive. Sie gehört zu den Vorreiter:innen des Expressionismus und ist, anders als viele ihrer männlichen Zeitgenossen, überzeugte Pazifistin. Anders als ihre Gedichte, sind ihre Bilder wenig bekannt. Erst die 2011 im Hamburger Bahnhof in Berlin gezeigte Ausstellung „Else Lasker-Schüler: Die Bilder“ gibt einen umfassenden Einblick in die visuellen Arbeiten der Künstlerin. Zu Ehren ihres 150-jährigen Geburtstags zeigt das Von der Heydt-Museum in Wuppertal 2019 schließlich die Ausstellung „Else Lasker-Schüler. Prinz Jussuf von Theben und die Avantgarde“ und bietet damit die Grundlage für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Werk Lasker-Schülers und ihren zahlreichen Kontakten in die Kunstwelt von Wuppertal über Berlin und die Schweiz bis nach Jerusalem.
Im Seminar wollen wir anhand der Bilder die künstlerische Tätigkeit und das schicksalreiche Leben von Else Lasker-Schüler näher erforschen. Dazu zählen auch die u.a. von Karl Schmidt-Rottluff, Jankel Adler oder Josef Scharl angefertigten Portraits der Künstlerin. Vor dem Hintergrund der Moderne stellt sich ferner die Frage nach den ästhetischen Emanzipationsprozessen in der Kunst, die in Else Lasker-Schülers Leben mit der Emanzipationsgeschichte der Frau eng verwoben werden.