Sorbisches Erzählen in deutscher Sprache nach 1945 (WiSe 2025/26)
Zeit/Ort: WiSe 2025/26, jede 2. Woche, Montag 4. & 5. DS (13:00 Uhr – 16:20 Uhr), W48/0103/U
Dozent: Dr. Willi W. Barthold
Email: willi_wolfgang.barthold@tu-dresden.de
Telefon (Sekretariat): 0351 463-36365
Büro: Wiener Straße 48, Raum 216
Sprechstunde: nach Vereinbarung
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die sorbische Literatur, wie der Slawist Walter Koschmal einmal schrieb, „weitestgehend unbemerkt von der deutschsprachigen Öffentlichkeit – zu einer neuen deutschen Literatur herangewachsen“ (Koschmal 1993: 299). Ihre bisherige sorbische Einsprachigkeit wurde von einer sorbisch-deutschen Zweisprachigkeit abgelöst, aus der sie sodann als interkulturelle Minderheitenliteratur enorme poetische Energie schöpft. Während traditionell die Lyrik die dominanteste Stellung im sorbischen Literatursystem innehat, nimmt die Epik bzw. die erzählende Prosadichtung in dieser Entwicklung hin zur Zweisprachigkeit eine Vorreiterrolle ein. Beginnend mit den Romanen und Erzählungen Jurij Brězans (1916 - 2006) in den 1950er Jahren kann so von einem sorbischen Erzählen in deutscher Sprache die Rede sein, das eine ganz eigene Strömung innerhalb der DDR-Literatur darstellt. Das Seminar versteht sich als Einführung in die (deutschsprachige) sorbische Erzählliteratur seit 1945 und lädt zur gemeinsamen literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ausgewählten Texten der bedeutendsten sorbischen Prosa-Autor:innen ein (Jurij Brězan, Jurij Koch, Angela Stachowa etc.). Zu beleuchten sein werden dabei auch Themen wie u.a. die Auseinandersetzung der sorbischen Literatur mit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (2. Weltkrieg, NS-Verbrechen usw.), die sozialistische Prägung der sorbischen Literatur zur Zeit der DDR und ihre allmähliche Loslösung von dieser, ihr Umgang mit dem zunehmenden Verlust sorbischer Kulturräume durch die anhaltende Braunkohleförderung in der Lausitz, und Vieles mehr. Formen und Ausprägungen sorbischer Identitätskonstruktion, der erzählerische Umgang mit der sorbischen Mythologie sowie der Lausitzer Natur und ihrer Devastierung, Geschlechterrollen und die Stellung der Frau in der sorbischen Kultur, sowie politische, ökonomische und kulturelle Machtverhältnisse, die in den Texten greifbar werden, sind weitere thematische Leitlinien der gemeinsamen Literaturanalyse.
- Das Seminar richtet sich sowohl an Studierende der Slawistik- als auch der Germanistik/Deutsch-Lehramt-Studiengänge. Behandelt werden ausschließlich deutschsprachige Texte, daher sind Sorbischkenntnisse zur Seminarteilnahme nicht erforderlich. Das Seminar ist lektüreintensiv und setzt die Bereitschaft zur ausgiebigen und kontinuierlichen Beschäftigung mit den gelesenen Texten sowie zur aktiven Mitarbeit im Seminargespräch voraus. Die behandelte Primär- und Sekundärliteratur wird am Beginn des Semesters bekannt gegeben.