Kommunikative Kompetenzen im Medizinstudium durch digitale Video-Annotation stärken und überprüfen

In der Gesundheits- und Krankenversorgung ist ein effektives Gespräch zwischen Patientin und Ärztin entscheidend für eine stabile Arzt-Patient-Beziehung und stellt eine zentrale Komponente des professionellen Handelns dar. In der Lehre werden zur Förderung kommunikativer Kompetenzen Rollenspiele mit Schauspielpersonen (SP) eingesetzt. Diese Rollenspiele können auf Video aufgezeichnet werden, was eine vertiefte Reflexion der Arzt-Patient-Kommunikation ermöglicht. Durch Betrachten, Vor- und Rückspulen sowie Zoomen können Handlungs- und Verhaltensweisen wiederholt aufgerufen und in der Gruppe analysiert und reflektiert werden. Tools zur Videoannotation gehen über die klassische Analyse hinaus und ermöglichen eine aktive Auseinandersetzung mit den Lerninhalten. Videoannotationen sind effektive Mittel zur Stärkung kommunikativer Kompetenzen bei Medizinstudierenden. Im Rahmen der Entwicklung eines Assessment-Portfolios entstand ein elektronisches Lehr- und Prüfungsformat. Videos werden auf einer Plattform hochgeladen, mit Aufgabenstellungen verknüpft und durch Annotationen angereichert. Lehrende definieren Bewertungskriterien (Annotationen), die Studierende anhand selbstgewählter Video-Zeitmarken hinterlegen. Während der Annotation können Studierende zwischen Zeitmarken springen, mehrere Annotationen anlegen und Videosequenzen kommentieren. Das Videoannotations-Tool ist in verschiedenen Bereichen der Lehre, Prüfung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung einsetzbar. Lehrende erstellen individuelle Kategoriensets für jedes Videomaterial, um Beobachtungskriterien anzupassen. Dies ermöglicht Studierenden eine theorie- oder kategoriengeleitete Videoanalyse für fallbasiertes Lernen.

Details

Projektträger

Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK)

Lessons Learned

Was lief gut im Projektverlauf?

1) Identifizierung von Potenzialen des Tools: Die Pilotierung im Wintersemester 2022/2023 legte den Grundstein für die Identifizierung des Potenzials des Videoannotationstools. Die Studierenden konnten durch die Anwendung des Tools ihre Fähigkeiten in der Arzt-Patient-Kommunikation trainieren, was einen positiven Einfluss auf den Lehrprozess hatte.

2) Mehrwert der Lehrmethode: Die Ergebnisse der ersten Evaluation im Sommersemester 2023 zeigten, dass die Studierenden einen Mehrwert in der neuen Lehrmethode, die das Videoannotationstool beinhaltet, erkannten. Dies deutet darauf hin, dass das Tool als didaktisches Mittel einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Studierenden hatte.

3) Interaktive Weiterentwicklung: Die interaktive und iterative Weiterentwicklung des digitalen Tools zwischen dem Projektpartner und dem Projektteam zeigt einen positiven Ansatz zur Anpassung an die Bedürfnisse der Anwender:innen. Das ständige Feedback ermöglichte Verbesserungen und eine kontinuierliche Optimierung des Tools.

4) Anerkennung als Prüfungsformat: Die Testung des Videoannotationstools als Prüfungsformat im Wintersemester 2023/2024 zeigt eine positive Entwicklung. Die Simulation einer Prüfung mit einer kleinen Stichprobe ermöglichte die Evaluierung der Durchführbarkeit von digital gestützten Prüfungen unter Verwendung des Tools.

Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Projektdurchführung?

Die Implementierung des Videoannotationstools als didaktisches Mittel stellte keine Schwierigkeit dar. Jedoch gestaltete sich die Nutzung des Videoannotationstools, aufgrund technischer Herausforderungen, als anspruchsvoll. Der Pilotversuch ermöglichte die Identifikation von noch vorhandenen Barrieren hinsichtlich der Bedienfreundlichkeit. Die Ergebnisse der Pilotierung zeigten, dass die Studierenden den Mehrwert der neuen Lehrmethode erkannten, jedoch weiterhin mit technischen Hindernissen konfrontiert waren. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung des digitalen Tools erfolgte in einem interaktiven und iterativen Prozess zwischen dem Projektpartner und dem Projektteam, um die technischen Herausforderungen zu überwinden und die effektive Integration in die bestehende Lehrpraxis zu verbessern.

Traten unerwartete Schwierigkeiten auf? Wenn ja, welche?

Die technische Nutzung des Videoannotationstools gestaltete sich anspruchsvoll, da es zwischen verschiedenen Betriebssystemen und Endgeräten zu Kompatibilitätsproblemen kam. Die Notwendigkeit einer verbesserten Kompatibilität und einer breiteren Unterstützung verschiedener Systeme wurde deutlich, um eine Nutzung für alle Studierenden zu ermöglichen.

Was würden Sie aus Ihren Erfahrungen heraus für ähnlich angelegte Projekte empfehlen?

Die Einführung des Videoannotationstools in kleinen Gruppen ermöglicht es, frühzeitig Barrieren und Förderfaktoren zu identifizieren und notwendige Anpassungen vorzunehmen. Die Implementierung klar strukturierter Schulungskonzepte für alle Studierenden ist entscheidend, um den sicheren Umgang mit dem digitalen Tool zu fördern. Ein umfassendes Schulungsprogramm für Studierende sowie Dozierende gewährleistet, dass die Nutzer mit dem digitalen Tool vertraut sind, was wiederum einen reibungslosen Einsatz in der Lehre ermöglicht. Die Einführung von digitalen Tools in Lehrsituationen und Prüfungen erfordert umfassende Informationen und eine kontinuierliche Schulung der Endnutzer, um eine effektive Nutzung sicherzustellen.

Weitere „Lessons-Learned“:

Die Erfahrungen aus dem Projekt haben deutlich gezeigt, dass ein klarer Zeitplan eine entscheidende Rolle für den erfolgreichen Verlauf des Vorhabens spielt. Durch die strukturierte Planung der Projektphasen und die Erstellung eines detaillierten Projektstrukturplans konnte eine effiziente Umsetzung sichergestellt werden. Ein wesentlicher Aspekt, der hervorgehoben werden muss, ist der Mut zur Einführung neuer Lehrmethoden. Dies wurde durch die unterstützende Rolle des AK E-Learning ermöglicht.
Ein weiterer entscheidender Lernpunkt ist die Notwendigkeit eines Konzepts für die langfristige Implementierung. Die erfolgreiche Integration eines digitalen Tools während des Projektablaufs sollte nicht als vorübergehendes Ereignis betrachtet werden. Vielmehr ist es von grundlegender Bedeutung, eine nachhaltige Perspektive zu schaffen, um sicherzustellen, dass das Videoannotationstool auch über den Abschluss des Projekts hinaus effektiv genutzt wird. Dies erfordert kontinuierliche Bemühungen, Ressourcen und eine klare Strategie für den projektübergreifenden Einsatz und die Weiterentwicklung des Videoannotationstools.

Nachnutzungsmöglichkeiten

Das digitale Videoannotationstool ermöglicht nicht nur die Vermittlung und Prüfung von kommunikativen Kompetenzen, sondern kann auch in verschiedenen Fachgebieten, wie Gesundheitswesen, Pädagogik, Lehramt, Ingenieurwissenschaften, Psychologie, Physiotherapie und Hebammenwissenschaften, sinnvoll für die Didaktik und Prüfung anderer Kompetenzbereiche eingesetzt werden. Das Videoannotationstool wurde kontinuierlich optimiert und es entstanden zum Projektabschluss allgemein gültige Anleitungen für den Einsatz in Lehre und Prüfung.
Durch die Verwendung von bereits existierenden oder selbst erstellten Videos sind die Einsatzmöglichkeiten des Tools unbegrenzt und flexibel an neue Lernziele anpassbar. Die Plattform Confluence innerhalb des UCAN-Verbunds bietet eine effiziente Möglichkeit, Lehrmaterialien, Klickanleitungen und Projektergebnisse zu teilen. Die Weiterentwicklung des Videoannotationstools wird fortgesetzt, wobei zusätzliche Fördermittel für umfangreiche Aufgaben wie automatisiertes detailliertes Feedback erforderlich sind. Die Präsentation der Projektergebnisse bietet die Chance, Interessenten an anderen Fakultäten zu gewinnen.

Weitere Informationen

Projektzeitraum: 01.03.2022 bis 31.12.2023

Kontakt

Maike Linke

Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Bereich Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften

maike.linke@tu-dresden.de

0351 458-19758

https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/psm/lehre/erfolge/E-Learning

Claudia Perge

Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Bereich Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften

claudia.perge@tu-dresden.de

0351 458-19612

https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/psm

Prof. Dr. med. Ph. D. Stefan Ehrlich

Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus

psm@ukdd.de

0351 458-4099

https://www.ukdd.de/psm