SoftFlip – Flipped Classroom im Bereich Soft Matter & Biological Physics
Im Spezialisierungsmodul "Advanced Soft Matter & Biological Physics" wird als Pilotprojekt die Realisierung von Flipped Classroom bzw. von multimedial gestützter Lehre getestet. Hierfür wurden online-basierte Lehr-Lern-Module erstellt, welche die Grundlage für tiefgreifendere Problemstellungen und Diskussionen in den Präsenzveranstaltungen bildeten. Das Modul eignet sich besonders für das Pilotprojekt, da die Veranstaltungsreihe nicht auf reine Wissensvermittlung ausgelegt ist, sondern spezifisch die Ideen und Mittel für einen wissenschaftlichen Diskurs im Bereich Soft Matter & Biophysik aufbauen bzw. stärken sollen. Studierende durchliefen vor den Präsenzveranstaltungen die online-basierten Lehr-Lernsequenzen zur Wissensakquise und wurden in den folgenden Veranstaltungen mit realen Problemen aus dem aktuellen Forschungsalltag konfrontiert. Hierbei erarbeiteten die Studierenden Ideenvorschläge und stellten diese vor. Damit handelt es sich bei diesen Ansatz um einen inverted oder flipped classroom. Die digitalen Arbeitsmaterialien wurden via Moodle zur Verfügung gestellt und mit entsprechend online Self-Assessments flankiert.
Details
Projektträger
Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK)
Lessons Learned
Was lief gut im Projektverlauf?
Die Studierenden musste sich erst an das Format gewöhnen, dass sie vorab Videos anschauen sollte. Die erste Veranstaltung war daher dann noch etwas holprig, aber danach lief es meist gut.
Die Diskussion die aufkamen waren häufig sehr interessant und formulierte Ideen für mögliche Forschungsprojekte waren teils erstaunlich. Dies gestiegene Diskussionsfreude zeigte sich sehr positiv in den mündlichen Prüfungen.
Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Projektdurchführung?
Hoher zeitlicher Aufwand für die Vorbereitung.
Reproduzierbare technische Umsetzung und Aufbereitung der Videosequenzen.
Lenken der Gruppenarbeit um wirklich alle mit einzubinden.
Traten unerwartete Schwierigkeiten auf? Wenn ja, welche?
Es gab einige unerwartete Schwierigkeiten. Die größte lässt sich allerdings mit einem Wort zusammenfassen: Corona.
Bei der Projektplanung bin ich von Präsenzveranstaltungen ausgegangen, allerdings fanden die Lehrveranstaltungen in der Zeit ausschließlich online statt.
Weitere Schwierigkeiten waren, dass manchmal einzelne Studierende komplett unvorbereitet zu der Veranstaltung kamen.
Einige Themen sich doch nicht so gut zur Bearbeitung in der eigentlichen Veranstaltung eigneten.
Manchmal Studierende mehr mit technischen Problemen während der Veranstaltung zu kämpfen hatten als mit der Bearbeitung der Aufgabe.
Beim Videodreh gab es auch immer mal Unwegbarkeiten wodurch Videos nochmal eingespielt werden mussten (Akkus mit im Dreh leer, wackelnde Stecker etc)
Was würden Sie aus Ihren Erfahrungen heraus für ähnlich angelegte Projekte empfehlen?
Ich denke die Studierenden haben sehr von den Videos profitiert, nicht nur für die Vorbereitung auf die Veranstaltung, sondern auch bei der Prüfungsvorbereitung.
Ich würde unbedingt immer ein Self-Assessment mit zur Verfügung stellen.
Bei Gruppenarbeit in der Lehrveranstaltung muss man manche Gruppen intensiver betreuen, während einige fast von selber laufen. Man muss hier im Zweifel ein Auge darauf haben, dass alle mit eingebunden sind.
Bringt viel Zeit für die Vorbereitung mit. Ich freue mich nun auf das bestehende Material einfach und schnell zurückgreifen zu können.
Im Zweifel lieber mehr Zeit für die Vorstellung und Diskussion einplanen.
Sollten die Veranstaltungen online stattfinden, bittet die Teilnehmer um ein Kamerabild falls möglich.
Weitere „Lessons-Learned“:
Ich denke gerade für Wahlpflichtmodule bietet sich dieses Format durchaus an. Studierende kommen meist freiwillig in diese Module und bringen ein recht hohes Maß an intrinsischer Motivation mit um auch extra Inhalte zu bearbeiten. Probiert es einfach aus.
Zudem sollte man den Studierenden einen gewissen Vertrauensvorschuss geben. Es ist zunächst ein komisches Gefühl, da man in den Veranstaltungen mit Sachverhalten hantiert, welche man diesen Studierenden nicht selber live vorgetragen hat. In den Prüfungen (mündlich) zeigten sich aber herausragende Leistungen.
Nachnutzungsmöglichkeiten
Die erarbeiteten Inhalte werden in den nächsten Jahren vollständig weitergenutzt. Es gibt Überlegungen dieses Spezialmodul auch für andere Universitäten zu öffnen und ggf. auch international einzusetzen.
Andere Lehrende haben sich bei mir erkundigt wie die Umsetzung funktionierte und ich habe dies in einem fakultätsinternen Vortrag vorgestellt. Ich habe angeboten etwaige Initiativen zu begleiten.
Zur Unterstützung des Projektes schaffte die Fakultät weiteres Equipment an, welches für verschiedene andere Formate verwendet wird.
Weitere Informationen
Projektzeitraum: 01.07.2020 bis 31.10.2021
Generelles
Alle "Produkte" wurden im kursbegleitenden Moodlekurs geteilt. Die Inhalte wurden direkt für das Modul erstellt und beinhalten auch unveröffentlichte Daten und Ansätze um zur forschungsaktuellen Diskussion anzuregen (was sehr gut klappte). Daher stehen die Inhalte aber nicht als OER zur Verfügung.
Weiteres
Ich war zu Beginn etwas skeptisch ob das ganze Konzept auch im rein digitalen Raum funktioniert, da die Veranstaltungen selber corona-bedingt leider ebenfalls online stattfinden mussten. Die Gruppenarbeit war dadurch aufwendiger zu steuern als man das in einem Raum in Präsenz machen könnte. Ich freue mich im nächsten Semester das Konzept auch in Präsenz ausprobieren zu können.
Das Fazit ist aber trotz anfänglicher Bedenken sehr positiv. Die mündlichen Prüfungen waren im Schnitt deutlich besser und auch inhaltlich teils hervorragend. Bei einigen Studierenden hatten Antworten ein Tiefe und Qualität, die weit über den Vorlesungsstoff hinausging. Das kam in den letzten Jahren in diesem Umfang nicht vor.
Kontakt
Dr. Jörg Schnauß
Universität Leipzig