TheorieVideos zur Spielemusik
Ziel des Projektes war der Transfer des Konzepts TheorieVideo, entwickelt von Prof. Dr. Dieter Daniels und Juliane Jaschnow, von der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB, Institut für Theorie) an die Hochschule für Musik und Theater Leipzig (HMT, Institut für Musikwissenschaft). Das Konzept war an der HGB seit mehreren Jahren sehr gut eingeführt. An der HMT konnten im Pilotprojekt im Sommersemester 2024 anstelle von mündlichen Referaten in einem Hauptseminar zum Thema Game Music Cultures in Japan and Germany im Fach Musikwissenschaft Videoarbeiten zu wissenschaftlichen Fragestellungen eingereicht werden, die als alternative Vorbereitung der wissenschaftlichen Hausarbeiten galten. Das geschah im Rahmen eines Hauptseminars zu Musik in analogen und digitalen Spielen aus Deutschland und Japan. Diskutiert wurden hier insbesondere digitale Spiele der letzten zehn bis zwanzig Jahre. Die Fragestellungen reichten von den kulturellen Hintergründen der Spielemusik bis zu kompositions- und audiotechnischen Hintergründen. Dies wurde ergänzt von einem exemplarischen Abriss zur Geschichte der Musik im analogen Spiel, der einzelne Artefakte seit dem Mittelalter ins Zentrum stellte und ihre historische Kontextualisierung betraf.
Das Hauptseminar stand im Kontext zweier drittmittelfinanzierter Projekte an der HMT: zum einen des DFG-Projektes Kulturen der Heimcomputermusik, zum anderen des DAAD-Projektes Game Music Cultures in Japan and Germany. Durch letztgenanntes Projekt waren neben Studierenden von HGB und HMT auch drei Doktorand:innen der Ritsumeikan-Universität Kyoto am Projekt beteiligt, die im Sommersemester 2024 einen Austausch an der HMT absolvierten. Somit konnte in der Lehrveranstaltung eine multiperspektivische Diskussion geführt werden, die sowohl künstlerische (HGB) als auch wissenschaftliche und Staatsexamens-Studierende (HMT, RU) zusammenführte, die Künstler:innen mit Musikwissenschaftler:innen, Musikpädagog:innen und Doktorand:innen der Medienwissenschaften und Game Studies zusammenbrachte und dem DAAD-Projekt entsprechend binationale Perspektiven aus Europa und Ostasien in den Dialog brachte.
Die Besonderheit war auch dank der mehrfachen Einbettung in andere Projekte folglich die mehrfache Perspektive. Unterschiedliche Fachtraditionen, unterschiedliche Ausrichtungen und unterschiedliche nationale Wissenschaftstraditionen von Studierenden dreier Hochschulen aus zwei Nationen kamen ebenso in den Dialog wie das Projekt zum einen sich mit (im Schwerpunkt digitaler) Spielemusik-Kultur beschäftigte, dies zum anderen aber auch in einem digitalen Raum und mit digitalen Methoden der Ergebnispräsentation tat. Die Lehrveranstaltung in englischer Sprache hob sich auch dadurch von der üblichen Lehre ab.
Während des Semesters entstanden Video-Arbeiten, die sowohl im Rahmen des Seminars als auch im Rahmen eines gemeinsamen öffentlichen Workshops der DAAD- und DFG-Projekte am 26.07.2024 mehrfach mit unterschiedlichen Publikumsgruppen diskutiert wurden. Zudem wurde an der HMT die nötige digitale Infrastruktur angeschafft, die nunmehr nachhaltig zur Verfügung steht und durch ihre interaktive Nutzungsmöglichkeiten die Potenziale des TheorieVideo-Konzeptes erweitert.
Details
Projektträger
Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK)
Lessons Learned
Was lief gut im Projektverlauf?
Bei allen Studierenden entwickelten sich über das Semester parallel zu den inhaltlichen Kompetenzen zum Seminarthema sowohl interkulturelle als auch mediale Kompetenzen. Sie erkannten Spielemusik als ein Thema, dessen Wurzeln im analogen Spiel zwar bis mindestens in die Antike zurückreichen, das aber gerade mit der Verbreitung digitaler Spiele eine zuvor ungeahnte Aktualität erreichte. Spiele und Spielemusik erkannten sie als kulturelle Artefakte, die Informationen zur Kultur speichern, in deren Rahmen sie entstanden. Teils wurden diese Gegenstände erstmals als Gegenstand der kritisch reflektierenden Auseinandersetzung erkannt.
In diesem Rahmen stellte sich die Relevanz der kulturellen Perspektiven heraus, so dass die Studierenden nach kurzer Zeit in der Lage waren, die kulturelle Verortung und Zielsetzung der Medienprodukte in ihre Überlegungen einzubeziehen. Zuletzt zeigte sich eine wachsende Medienkompetenz, insofern Studierende die Möglichkeiten und Grenzen der von ihnen gewählten Medien (Vortrag, Video, Hausarbeit) sowie der Konzeption eventueller Videobeiträge reflektierten und feststellten, welche Inhalte sich auf welchem Weg vermitteln und in andere Medien übersetzen lassen. So ergab sich ein doppeltes Lernen, zum einen über elektronische Medien nachzudenken und sie zum anderen auch selbst als Werkzeug der Forschung und Ergebnispräsentation zu nutzen.
Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Projektdurchführung?
Eine Herausforderung bestand in der Zusammenführung durchaus unterschiedlicher Wissenskulturen. Gerade am Beginn des Semesters fiel es schwer, künstlerische und wissenschaftliche Perspektiven zu vereinen; die unterschiedlichen Methoden von Musikwissenschaft, Musikpädagogik und Game Studies kamen noch hinzu. Am Ende des Semesters war das Konzept so weit differenziert, dass Studierende unterschiedlicher Disziplinen sich an der Produktion von Videos versuchten. Es fiel gleichwohl auf, dass die Mehrzahl der Videobeiträge von Studierenden der HGB erstellt wurden und Studierende der HMT sowie die RU sich hier eher zurückhielten bzw. verstärkt das gewohnte Referatformat wählten.
Traten unerwartete Schwierigkeiten auf? Wenn ja, welche?
Aufgrund einer unerwartet großen Zahl von Studierenden mussten die Terminpläne mehrfach überarbeitet und einige Themengebiete gekürzt werden.
Was würden Sie aus Ihren Erfahrungen heraus für ähnlich angelegte Projekte empfehlen?
Vor Beginn des Semesters genau zu planen, welche Studiengänge beteiligt sind und wie im Detail der Stellenwert der Leistungen gewichtet wird.
Weitere „Lessons-Learned“:
Als sehr positiv erwies sich die Einbettung in laufende Forschungs- und Austauschprojekte. Es entstand über die Teilnehmer:innen des Seminars hinaus eine Konzentration von Fragestellungen und Know-how, das ein für sich allein stehendes Seminar so niemals erreicht hätte. Forscher:innen mit Anknüpfungspunkten aus Technikgeschichte und aus den Area Studies konnten so integriert werden, die seit mehreren Jahren an ihren Themen und Untersuchungen arbeiteten.
Nachnutzungsmöglichkeiten
Die größte konkrete Nachnutzung aus HMT-Sicht besteht in der digitalen Infrastruktur, die im Rahmen des Projektes angeschafft wurde: Das große digitale Touchpad hat mittlerweile in der Mehrzahl der Lehrveranstaltungen die bisherige Projektionstechnik ersetzt und hat durch die Möglichkeit, direkt mit dem Bild zu interagieren, zu einem starken Anwachsen der pädagogischen Mittel geführt. Das wird der Nachnutzung des Konzeptes "TheorieVideo" nochmals erweitern, so dass in Zukunft auch interaktive Narrative möglich werden, die entsprechende nonlineare Strukturen im digitalen Spiel spiegeln. So entsteht durch den Transfer auch das Potenzial einer weiteren Erweiterung des Konzeptes.
Weitere Nachnutzungen betreffen die Verflechtung insbesondere mit dem DAAD-Projekt: Hier sollen Teile der Ergebnisse publiziert werden (sowohl in der Zeitschrift "RePlaying Japan" als auch in einem Sammelband veröffentlicht werden. Die Ergebnisse des aktuellen Projektes sind in die Beantragung eines DAAD-Folgeprojekts eingeflossen. Zuletzt sind die entstandenen Videos und der Trailer nachnutzbar und können auch zur Wissenschaftskommunikation verwendet werden.
Studierendenzentrierung
Die Studierenden erhielten durch das Projekt größere Auswahmöglichkeiten: Sie konnten zwischen den Formaten "Referat" und "Video" unterscheiden. Die Wahl des Videoformates eröffnete wiederum eine große Zahl an Möglichkeiten zur Konzeption des Videos und zur Platzierung zwischen künstlerisch und wissenschaftlich dominierter Arbeit. Insofern wurde die Autonomie der Entscheidung über das Medienformat der Studienleistung in verschiedenen Stufen gestärkt. Die Verantwortung für den Lernprozess bestand darin, Zwischenergebnisse in regelmäßig angebotenen Feedbacksitzungen zur Diskussion zu stellen bzw. diese Feedbacktermine wahrnzunehmen und Rückmeldungen einzuholen und zu verarbeiten. Im Lauf des Semesters zeigte sich immer mehr, wie gravierend sich die Arbeiten durch das eingeholte Feedback verändern konnten. Das Konzept ähnelte in dieser Hinsicht dem "flipped classroom".
Weitere Informationen
Projektzeitraum: 01.03.2024 bis 31.10.2024
Produkt
Trailer zu den studentischen Arbeiten
www.hgb-leipzig.de/lehre/institutfuertheorie/projekte/theorievideos/
Generelles
Die entstandenen Videos sollen nach Klärung der Einverständniserteilung auf der Homepage der HGB vollständig veröffentlicht werden.
Kontakt
Prof. Dr. Christoph Hust
HMT Leipzig
0341 2144-788
Prof. Dr. Dieter Daniels
HGB Leipzig
Juliane Jaschnow
HGB Leipzig