Transfer transdisziplinär: Digitaler Feedbackdialog zur Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen in den Geistes- und Naturwissenschaften
Ziel des transdisziplinären Austausches zwischen verschiedenen Fachdisziplinen war es, ausgewählte digitale Feedbackmethoden aus der Lehre der Englischdidaktik in die Lehre der Biologiedidaktik der TU Dresden zu übertragen und zu evaluieren. In vorangegangenen Lehr- und Entwicklungsprojekten wurde im Fachgebiet Englisch der TU Chemnitz bereits ein umfangreiches Spektrum an digitalen Feedbackmethoden auf vielfältige Weise in Seminare integriert, so bspw. zu verschiedenen Phasen des wissenschaftlichen Schreib- und Arbeitsprozesses. Dies beinhaltete u. a. Feedback auf digitalen Pinnwänden, im Texteditor, per Audio- oder Screencast, per Videokonferenz, in Online-Foren und per Fragebogen. Transferiert auf einen Lehrkontext in die Lehramtsausbildung an der TU Dresden wurden selbständige Arbeitsphasen in einem Experimentalkurs mit digitalen Peer-/ Feedbackmethoden (z. B. Wiki-Feedback, Pinnwand-Feedback) angereichert, um kooperatives und flexibleres Lernen zu unterstützen. Die unterschiedliche fachliche und methodische Ausrichtung in der Englisch- und Biologiedidaktik führte zu Anpassungen der feedback-gestützten Lehrkonzepte sowie durch den interdisziplinären Dialog zu erweiterten Erkenntnissen in der hochschuldidaktischen Einbindung und Wirkung von (digitalem) Feedback.
Des Weiteren wurden die zentralen Online-Plattformen https://tinyurl.com/DigitalFeedbackOverview">Digital Feedback Map und die https://tinyurl.com/FeedbackTaxonomyEN">Feedback-Taxonomie ins Deutsche übersetzt, in die deutschsprachige Lehre integriert und sachsenweit in hochschuldidaktischen Workshops eingesetzt.
Details
Projektträger
Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK)
Lessons Learned
Was lief gut im Projektverlauf?
Das Projekt hat den fächerübergreifenden Austausch zu digitalem Feedback in der Lehre vorangetrieben. Zentrale Produkte zur Gestaltung und Unterstützung der inhaltlichen und methodischen Einbindung von digitalen Feedback (u. a. Digital Feedback Map) wurden sprachlich erweitert und in verschiedene Lehrkonzepte integriert. Ein Feedback-Dialog konnte über die Projektpartnerinnen mit sächsischen Hochschullehrenden im Rahmen eines Workshops mit hoher positiver Resonanz (21 Teilnehmer:innen) geführt werden, welches die Bedeutung von Feedback für die Hochschullehre verdeutlicht.
Über das Projektvorhaben hinaus wurde ein gemeinsames interdisziplinäres Symposium zu digital gestütztem Feedback auf einer internationalen Konferenz gestaltet, das nicht nur die Englisch- und Biologiedidaktik einbezog, sondern auch die Mathematik- und Sportdidaktik. Auf diese Weise konnten sowohl Gemeinsamkeiten (im Hinblick auf Lehrgestaltung und Herausforderungen) identifiziert als auch neue Impulse gewonnen werden (u. a. Videoannotationen als Feedbackmethode sowie weitere Möglichkeiten des KI-gestützten bzw. KI-generierten Feedbacks).
Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Projektdurchführung?
Aufgrund der sehr kurzen Projektlaufzeit und des Projektbeginns im April lag zum Seminarbeginn der biologiedidaktischen Veranstaltung noch keine vollständige Übersetzung der Online-Plattform "Digital Feedback Map" für die Studierenden vor. Es wurde jedoch sichergestellt, dass die relevanten digitalen Feedbackmethoden jeweils rechtzeitig vor der betreffenden Seminarsitzung auch auf Deutsch und nicht nur im englischsprachigen Original zur Verfügung standen.
Ähnliche zeitliche Engpässe ergaben sich zum Projektende hin: Es wäre eine längere Projektlaufzeit nötig, um die Erkenntnisse aus dem Projekt aufzuarbeiten und in die Digital Feedback Map u. a. mit fachspezifischen Anwendungsbeispielen zu integrieren sowie die zweite vorgesehene Publikation zu verfassen. Insbesondere nahm die Erstellung von Videotutorials in zwei Sprachen (Deutsch und Englisch) deutlich mehr Zeit in Anspruch als erhofft, da nicht nur die Audioaufnahmen übersetzt, sondern auch neue Bildschirmaufnahmen (mit jeweils englisch- oder deutschsprachiger Benutzeroberfläche der verwendeten Software) erstellt werden mussten.
Darüber hinaus konnte ein gemeinsamer hochschuldidaktischer Workshop erst kurz nach Projektabschluss ausgerichtet werden, da die Terminierung von Workshops im Zertifikatsprogramm der Hochschuldidaktik Sachsen eine längere Vorlaufzeit benötigt, um Überschneidungen mit den Terminen anderer Workshops zu vermeiden.
Traten unerwartete Schwierigkeiten auf? Wenn ja, welche?
TU Chemnitz: Unerwartet bei der Umsetzung des neuen “Digital Teaching”-Kurses in der Englischdidaktik war, dass die Studierenden Schwierigkeiten mit einem hohen Maß an inhaltlicher und methodischer Mitbestimmung und dem selbstorganisierten kollaborativen Lernen in Kleingruppen hatten. Da es sich um den ersten Durchgang des Seminars handelte, können hieraus Erkenntnisse zur Erweiterung bzw. Überarbeitung der didaktischen Hilfestellungen gezogen werden.
Zudem konnte krankheitsbedingt die Erforschung des TESOL Research Colloquium und des neu-eingeführten Kurses zu “Digital Teaching” nicht vollumfänglich durchgeführt werden. Somit war auch der Rücklauf an ausgefüllten Fragebögen zum Projektende hin geringer. Auf Basis der Stundenprotokolle wurde dennoch ein Bericht zum neuen Seminar angefertigt, der eine wichtige Grundlage zur didaktischen Optimierung des Kurses im Folgejahr bietet.
TU Dresden: Die Einbindung digitaler Feedbackmethoden in das Lehrkonzept der Biologiedidaktik fand implizit in der Nutzung von Feedback als Lehrwerkzeug statt. Demnach waren die Studierenden beispielsweise angehalten, sich über einen Wiki-Beitrag gegenseitig Feedback zu geben, ohne jedoch die Methode als solches als Lerngegenstand in die Veranstaltung einzubinden. In der Folge lag es in der Hand der Studierenden, sich über diese Feedbackmethode inhaltlich und methodisch in der Umsetzung zu informieren (hier über eine Verlinkung zur Digital Feedback Map). Dies ist an eine Eigeninitiative bei den Studierenden gebunden, die nicht bei jedem gleichermaßen vorlag. So fiel auch das gegebene Feedback zum Teil gering und oberflächlich aus. Letzteres ist ggf. auch mit fehlenden Feedback-Kompetenzen verbunden, die bei der Umsetzung von Feedback stärker explizit mit den Studierenden kommuniziert und adressiert werden sollten.
Was würden Sie aus Ihren Erfahrungen heraus für ähnlich angelegte Projekte empfehlen?
Die Zweisprachigkeit von Materialien ist sehr wichtig, um sowohl den nationalen fächerübergreifenden Austausch als auch die internationale Fachdiskussion voranzutreiben. Dies geht allerdings einher mit einem deutlichen zeitlichen Mehraufwand, bspw. um sowohl Vorträge als auch Videos, Publikationen und Webseiten zweisprachig zu gestalten.
Zudem empfiehlt es sich, mindestens zwei Durchläufe pro Seminar zu realisieren, um die überarbeiteten Lehrkonzepte zu optimieren und zu konsolidieren. Dies erfordert eine Projektlaufzeit von mindestens 18 Monaten (inkl. Vor- und Nachbereitung).
Workshops sind hilfreich, um in Dialog mit anderen Hochschullehrenden zu treten und die Anwendbarkeit von Lehrkonzepten über den eigenen “fachlichen Tellerrand” hinaus zu eruieren. Es ist auch empfehlenswert, interdisziplinäre Konferenzen zu besuchen und ggf. gemeinsame Symposien zu gestalten, um Forschung in der Hochschule zur empirischen Unterfütterung von Lernkonzepten voranzutreiben.
Nachnutzungsmöglichkeiten
Durch die zahlreichen frei zugänglichen Produkte, die im Transferprojekt entstanden sind, ist eine nachhaltige Nutzung auch auf Seiten weiterer Lehrender in anderen Fachdisziplinen gewährleistet. Wir sind bestrebt, die Inhalte und den Dialog darüber fortzuführen, um auch aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. Die Lehre an beiden Projektstandorten wird sich sukzessive über die Einbindung digitaler Feedbackmethoden weiterentwickeln. Insbesondere in dem sich im Aufbau befindlichen Studiengang des Lehramts Biologie an der TU Dresden werden auch in den kommenden Semestern neu zu entwickelnde Lehrkonzepte gleich von Beginn an durch die Integration digitaler Feedbackmethoden studierendenzentriert und diversitätsbezogen ausgerichtet.
Studierendenzentrierung
Das ursprüngliche Lehrkonzept aus der Englischdidaktik zeichnete sich durch eine hohe Studierendenzentrierung aus, welche durch den 2024er Lehrpreis der TU Chemnitz gewürdigt wurde. Angesichts der Heterogenität der Teilnehmenden, die sich in ihren akademischen Vorkenntnissen, Lehrerfahrungen, sprachlichen und kulturellen Hintergründen sowie thematischen Interessen unterscheiden, war das Lehrkonzept darauf ausgerichtet, diese Vielfalt zu nutzen und zugleich individuelle Lernbedürfnisse zu berücksichtigen. Ermöglicht wurde dies durch eine kollaborative Lernkultur in einer offenen Feedbackumgebung, die sich durch eine Kombination verschiedener synchroner und asynchroner digitaler Feedbackmethoden zu unterschiedlichen Phasen des Forschungsprozesses kennzeichnete.
Ein noch höheres Maß an Lernendenzentrierung wurde im “Digital Teaching”-Kurs angestrebt, der erstmals im Sommersemester 2024 stattfand. Die Studierenden konnten die Themen für ihr Multimediaprojekt aus dem Bereich “Digital Teaching” frei wählen sowie passende digitale Lehrkonzepte und Lehr-/Lernmaterialien kollaborativ (in Kleingruppen) bestimmen und umsetzen. Partizipative Prinzipien des Co-Teaching und Co-Assessment wurden eingebunden, die künftig auch in anderen Seminaren erprobt werden könnten, bspw. hinsichtlich der studentischen Co-Auswahl von digitalen Feedbackmethoden und -tools für bestimmte Lernzwecke.
Weitere Informationen
Projektzeitraum: 01.04.2024 bis 30.11.2024
Produkt
Digital Feedback Map (Online-Plattform auf Deutsch)
https://tinyurl.com/DigitalesFeedbackDT
Produkt
Feedback-Taxonomie zur Lehrplanung (Online-Plattform auf Deutsch)
https://tinyurl.com/FeedbackTaxonomieDT
Generelles
Videotutorial zur Nutzung der Digital Feedback Map (https://youtu.be/hDz7zGQtJm8), zur Nutzung der interaktiven Feedback-Taxonomie (https://youtu.be/E1sfCgSSoSY) und zur automatischen Übersetzung der Videos auf den Online-Plattformen (https://youtu.be/f0ewQORBHuw) - frei verfügbar
Buchbeitrag zum Projektvorhaben (frei verfügbar):
Schluer, J. & Meier, M. (2024, im Druck). Digitaler Feedbackdialog zur Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen in den Geistes- und Naturwissenschaften. In C. Thyssen, M. Meier, S. Becker-Genschow, T. Bruckermann, A. Finger, J. Huwer, E. Kremser, L.-J. Thoms & L. von Kotzebue (Hrsg.). Digitale Kompetenzen für das Lehramt in den Naturwissenschaften – DiKoLAN PLUS (S. 53-58). Joachim Herz Stiftung.
Projektposter (frei verfügbar: https://tinyurl.com/FeedbackTransfer):
"Transfer Transdisziplinär: Digitaler Feedbackdialog zur Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen in den Geistes- und Naturwissenschaften", präsentiert auf der Digital Learning Expo „Innovationen teilen. Kooperationen finden“ (25.09.2024). Hochschuldidaktik Sachsen, Technische Universität Dresden.
Didactic Design Pattern (frei verfügbar: https://www.patternpool.de/):
Schluer, J. & Meier, M. (2024). Digitale Pinnwände zur Förderung von Lerndialogen in einer interaktiven Feedbackumgebung. PatternTools (under review) / inkl. Videotutorial zur Nutzung von digitalen Pinnwänden als Feedback-Tool (https://youtu.be/pidlVaVuwc8)
Kontakt
Jun. Prof. Dr. Jennifer Schluer
TU Chemnitz / TESOL (Teaching English to Speakers of Other Languages)/ Advanced Academic English
Prof.in Dr. Monique Meier
TU Dresden / Professur für Didaktik der Biologie
www.tu-dresden.de/mn/biologie/didaktik/die-professur/inhaber-in