Digitalisierung, Mobilität und Globalisierung sind eng miteinander verbundene Schlagworte im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Entwicklung unserer Zeit. Auch in der Wissenschaft und in der Lehre streben wir ein internationales Zusammenwachsen sowie Austausch und Synergien an. Gleichzeitig wird interkulturelle Kommunikation damit zu einer Schlüsselkompetenz in globalisierten Lernwelten. Diesen Themen widmen sich neben zwei anderen Fellowships auch Prof.in Martina Zschocke von der Hochschule Zittau/Görlitz und Dr. Verena Jahn von der Hochschule Mittweida. Beide berichten im Interview, welche Potentiale die digitalen Medien zur Internationalisierung bieten.
Kulturaustausch digital – Wie digitale Medien die Internationalisierung der Lehre unterstützen und welche Hürden dabei dennoch bestehen
Insgesamt vier Fellowships widmen sich aktuell den Themen Internationalisierung und interkulturelle Kompetenzen. In den Einzelfellowships von Prof.in Nicola Würffel von der Universität Leipzig sowie von Dr. Martina Zschocke von der Hochschule Zittau/Görlitz arbeiten Studierende der jeweils eigenen Hochschule im Rahmen der Lehrveranstaltungen gemeinsam mit Studierenden anderer Partneruniversitäten an interkulturellen Projekten. Prof. Dr. Schoop von der TU Dresden arbeitet in Kooperation mit der Shiraz University im Iran an Digitalisierungsstrategien in der internationalen Lehre sowie an deren Auswertung und Aufarbeitung für die weitere Nutzung. Im vierten Fellowship befassen sich Prof.in Ramona Kusche und Dr. Verena Jahn von der Hochschule Mittweida als Tandem mit der Entwicklung eines digitalen Lernmoduls zur Förderung der interkulturellen Kompetenz. Frau Prof.in Zschocke und Frau Dr. Jahn stellen ihr jeweiliges Fellowship in unserem Interview näher vor.
Wo sehen Sie die Vorteile digitaler Lehr-/Lernmethoden bei der Förderung von Internationalisierung und interkulturellen Kompetenzen?
Prof.in Zschocke: Die Studierenden haben die Möglichkeit in interkulturellen Teams mit Studierenden aus vielen verschiedenen Ländern zusammen zu arbeiten. Sie erfahren nicht nur theoretisches Wissen über interkulturelle Kompetenzen, sondern wenden es auch gleich praktisch an. Kommunikation und Zusammenarbeit findet so tatsächlich im interkulturellen Rahmen statt und die Studierenden verbessern ihre interkulturellen und digitalen Kompetenzen, ebenso wie ihre Englischkenntnisse. In meiner Lehrveranstaltung kommunizieren sie mit belgischen, indischen, italienischen, afrikanischen, kanadischen, finnischen und russischen Studierenden und bearbeiten gemeinsame Aufgaben, unter anderem auf Basis der UN-Nachhaltigkeitsziele.
Ziel ist die reale internationale Kommunikation und internationales Teamwork in einem gemeinsamen Projekt sowie das Durchleben des Prozesses von Kennenlernen, Vertrauensaufbau und Engagement in multikulturellen Teams. Dazu sollte neben den Vorlesungen in interkultureller Kompetenz auch interkulturelles Agieren und Analysieren geübt werden. Die Studierenden sollen dabei gemeinsam als Business Consultants unter Berücksichtigung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) agieren.
Dr. Jahn: Der Einsatz digitaler Lehr-/Lernmethoden ist für die Förderung der Internationalisierung enorm wichtig. So können wir vor allem im Bereich Kommunikation und Austausch digitale Lernmedien nutzen. Ein Beispiel wäre die synchrone und asynchrone Kommunikation mit den Partnerhochschulen, z. B. in Form eines Kooperationsseminars. Speziell in unserem Fellowship fördern wir die interkulturellen Kompetenzen, in dem wir digital einerseits Wissensinhalte über spezifische Kulturregionen vermitteln und über den gewählten Blended Learning-Ansatz auch erproben. Andererseits bieten wir eine Austauschmöglichkeit, indem die Studierenden, die sich aktuell im Auslandssemester befinden, die kulturellen Gepflogenheiten des Gastlandes in Form von multimedialen Berichten reflektieren.
Welche Vorbereitungen und Rahmenbedingungen müssen Sie bei der Internationalisierung Ihrer Lehrangebote beachten?
Prof.in Zschocke: Das reibungslose Funktionieren des Moduls benötigt eine lange Vorlaufzeit, in diesem Fall wöchentliche Skype-Meetings der beteiligten Hochschullehrenden in allen Ländern. Alle Studierenden müssen sich fristgerecht auf Lernplattformen einloggen, um alle Informationen zu erhalten und die Zusammenarbeit zu ermöglichen. Die Vorlesungsinhalte werden auf Englisch übertragen und für alle Studierenden mit einem Voice over unterlegt. Die Arbeit während des interkulturellen Lehr- und Lernformates erfordert regelmäßiges Feedback an die Studierenden, der studentischen Teams untereinander und der internationalen Hochschullehrenden miteinander, um aufkommende Fragen sofort klären zu können.
Wir haben die Durchführung des Vorhabens auch sehr umfangreich nachbereitet, in Form von Evaluationen des Projektes durch die Studierenden, durch die Lehrkräfte und in Form von Peer Assessments der Studierenden untereinander.
Dr. Jahn: Mit unserem Angebot möchten wir die Studierenden auf das Auslandssemester vorbereiten. Das Lehrangebot sollte daher vor dem eigentlichen Auslandsemester angeboten werden. Das ermöglichen wir durch die semesterübergreifende Verfügbarkeit in OPAL. Zudem ist es wichtig, dass wir passgenau die Kulturräume vermitteln, die auch bei den Studierenden nachgefragt sind. Alle Social Cirlces, in denen sich die Studierenden virtuell treffen, sind zudem an die Ortszeiten anzupassen. Das Angebot wird zunächst in deutscher Sprache vorliegen. Hier wäre es zielführend, dass wir dies später auch in Englisch anbieten oder in der jeweiligen Landessprache der Kulturräume. Aber so weit sind wir noch nicht.
Wo sehen Sie Herausforderungen im Vergleich zur Lehre am Hoschulstandort?
Prof.in Zschocke: Es war zeitlich durch einen erheblichen Mehraufwand geprägt als die Lehre am Hochschulstandort und erfordert permanente Koordination. Dafür wurde es von den Studierenden sehr positiv aufgenommen und als neue, innovative und wirklich internationale Lehrform sehr geschätzt.
Das Vorhaben erfordert auch eine gute und realistische Zeitplanung insbesondere unter Beachtung der verschiedenen Zeitzonen und des unterschiedlichen Semester- bzw. Trimesterablaufes in anderen Ländern. Da es interkontinental stattfand, war eine erhebliche Zeitverschiebung zu beachten.
Für das gemeinsam an allen beteiligten Hochschulen stattfindende Kick-off Meeting waren technische Testläufe erforderlich, damit der global classroom in allen Ländern gleichermaßen funktionierte und Kameras und Mikrofone eingerichtet waren, was letztlich sehr gut gelang.
Während der Aufgabenbearbeitung erfolgte ein digitales Mentoring und Coaching der internationalen Teams, was auch die Kommunikation mit den internationalen Studierenden an anderen Hochschulstandorten bedeutet. Zusätzlich erfolgte vor Ort das Mentoring und Beraten der eigenen Studierenden und die normalen Vorlesungen und Seminare (Blended Learning). Es erfolgte ein Feedback der einzelnen Teams und ein digitales Feedback zu den einzelnen Aufgaben. Auch die Prüfung erfolgte digital, wobei partiell auch ein virtuelles Peer Review der Teammitglieder mit hinzugezogen wurde, um den Arbeitsaufwand der einzelnen Teammitglieder abbilden zu können.
Dr. Jahn: Eine Herausforderung sind sicherlich die Zeitunterschiede. Je mehr Länder hier eingebunden werden, desto schwieriger wird es, sich tatsächlich einmal virtuell synchron zu treffen. Und den synchronen Kontakt erachten wir in unserem didaktischen Ansatz auch als zentral. Eine weitere Herausforderung ist, dass nicht alle Partnerhochschulen die gleichen technischen Möglichkeiten bieten.
Außerdem erhöht sich auch innerhalb der Hochschule der Koordinationsaufwand, da wir enge Absprachen mit dem International Office und den Fakultätsverantwortlichen pflegen. Die Zeit für die Betreuung der Studierenden, insbesondere für das Feedback bei den Reflexionsaufgaben, sollte zudem nicht unterschätzt werden.