VRmed – Virtual Reality in der medizinischen Lehre Leipzig

Das Projekt umfasst die (Fein-)Konzipierung und Evaluation der Einbindung von Virtual Reality (VR) in die medizinische Lehre an der Universität Leipzig. Hierfür wird eine studentische Hilfskraft angestellt, welche gemeinsam mit dem Referat Lehre (Med. Fakultät) sowie mit medizinischem Fachpersonal (Klinker, Didaktiker etc.) das Projekt umsetzt. Das Projekt umfasst die Erstellung/Durchführung verschiedener Workshops mit curricularer Anbindung für v. a. für Studierende. Außerdem wird das VR-System zur technischen Evaluation zu festen Zeiten für selbstständiges Lernen und Ausprobieren zu Verfügung gestellt. Hier wird auch medizinisches Personal intensiv eingebunden, um auch fachliches Feedback zu erhalten und mögliche klinische/curriculare Nutzungsszenarien zu eruieren.
Nach der Projektlaufzeit soll die Organisation und Betreuung des VR-Systems vom Referat Lehre übernommen werden. Es wird eine curriculare Integration von VR angestrebt, wobei auch Kooperationen, beispielsweise mit der LernKlinik, angedacht sind.

Details

Projektträger

Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK)

Lessons Learned

Was lief gut im Projektverlauf?

Während des Projektes konnte umfassendes Wissen über VR-Systeme und Anwendungen mit dem Fokus Humanmedizin entwickelt werden. Da die Systeme komplex sind und vielfältige sowie unterschiedliche Anforderungen haben, ist das sehr hilfreich für die Weiterentwicklung von VR in der Lehre.

Insgesamt wurden vier Anwendungen getestet.

MedicalHolodeck ist ein immersive Lernanwendung der menschlichen Anatomie.
Unter anderem besteht hier die Visualisierung mehrerer Schichten von DICOM-Bildmaterial im virtuellen Raum (www.medicalholodeck.com).

3DOrganonVR ist eine immersive Anwendung zur Veranschaulichung der menschlichen Anatomie. Darüber hinaus werden Bewegungsabläufen der Muskeln und detaillierte Bildern in der mikroskopischen Darstellung eingeblendet (www.3dorganon.com).

StepVR ist eine immersive Simulations-Anwendung im klinischen Bereich. Dabei geht es um das Erlernen und Erproben der Prozesse und Handhabungen in der Klinik und den Umgang mit Patient:innen. Eine Physio-Engine der virtuellen Patient:innen bringt einen hohen Realitätsfaktor mit sich (https://www.threedee.de/de/projekte/threedee-gmbh-stepvr/).

i:medtasim ist ein immersives medizinisches Training und eine Simulation im Bereich der Notfallmedizin. Es handelt sich um realistische Notfallszenarien im virtuellen Raum im Multi-User-Modus mit extern steuerbaren vitalen Werten der zu behandelnden Person (https://tricat.net/enterprise-solutions/i-medtasim/).

Die Evaluation ergab, dass sich i:medtasim, StepVR und 3D Organon VR für den zukünftigen Einsatz in jeweils unterschiedlichen Semestern des Medizinstudiums als Supplement zur digitalen Lehre eignen und durch ihren immersiven Charakter Lernpotenziale aufrufen können.

Zudem konnten zwei Dozierende der Medizinischen Fakultät für die Implementierung in das Curriculum gewonnen werden. Es besteht die Überlegung, die Simulationsanwendung i:medtasim in Form eines Wahlfachs im Sommersemester 2021 in die Lehre einzubinden.

Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Projektdurchführung?

Die bedeutsamste Herausforderung stellte die Notwendigkeit der Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie dar. Dies führte dazu, dass die Evaluation der VR-Systeme und Anwendungen nicht wie geplant mit mehreren Dozierenden und v. a. auch Studierenden umgesetzt werden konnte, sondern die Gruppe der Proband:innen reduziert werden musste. Somit wurde der Fokus auf Dozierende und Mediendidaktiker:innen gelegt, was insbesondere bei Klinikern:innen mit Schwierigkeiten bei der Terminfindung verbunden war. Nichtsdestotrotz konnten qualitativ wertvolle Eindrücke der getesteten Systeme und Anwendungen gesammelt werden und es wurden Perspektiven für die Implementierung von VR in die medizinische Lehre eröffnet. Sprich es wurde weniger in die Breite, als vielmehr in die Tiefe evaluiert.

Dennoch stellte die Hygiene der Brillen einen limitierenden Faktor dar. Nach intensiver Recherche zu verschiedenen Lösungen (bspw. UV-Reinigungsgeräte für VR-Brillen) wurden Microfaser-Aufsätze für die Brille gewählt, die pro Anwender:in gewechselt werden. Darüber hinaus mussten Headsets sowie Controller vor und nach jeder Anwendung mittels Wischdesinfektion gründlich gereinigt werden. Es zeigt sich zudem, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung das Display des Headsets durch die warme Atemluft beschlägt und das Seherlebnis vollends beeinträchtigt.

Zudem konnten geplante Workshops zum Umgang mit der VR-Technik und ein offenes VRLab zum Ausprobieren der Technik nicht umgesetzt werden, da dies ebenfalls nicht mit den Kontaktbeschränkungen zu vereinbaren gewesen wäre.

Eine weitere Herausforderung bestand in der technischen Umsetzung. Es zeigt sich, dass der Aufwand für Auf- und Abbau trotz mobiler VR-Systeme (mobiler Laptop, spezielle Rucksäcke für Material etc.) Zeit und v. a. Know-How erfordert sowie es somit einer Person bedarf, die sich speziell damit befasst. Anleitungen und Workshops sollen dem entgegenwirken.

Der mobile Aufbau weist multikausale Herausforderungen auf. Einerseits muss der Raum eine gewisse Mindestfläche von 3x3m vorweisen, diese Fläche muss frei von jeglichen Objekten sein. Vor dem starten einer VR-Anwendung muss der Raum mittels Controller vermessen und der Boden als Basis kalibriert werden. Dadurch, dass nicht jede Anwendung mit jedem VR-Headset kompatibel ist, ist es notwendig verschiedene Sensorik- und Raumvermessungslösungen zuvor durchzuführen.

Darüber hinaus, bedürfen Controller und Headsets stetige Wartung. Neben Firmware-Updates müssen auch Grafikkarten-Treiber und Software Updates regelmäßig durchgeführt werden.

Alle Anwendungen benötigen in jedem Falle eine stabile und leistungsstarke Internetverbindung.

Traten unerwartete Schwierigkeiten auf? Wenn ja, welche?

Die unerwarteten Schwierigkeiten sind, wie bereits beschrieben, v. a. mit der Corona-Pandemie verbunden und beziehen sich auf die Probleme der Umsetzung von Evaluation, Workshops und des VRLabs.

Was würden Sie aus Ihren Erfahrungen heraus für ähnlich angelegte Projekte empfehlen?

Für ähnlich angelegte Projekte ist es wichtig, die hohen Kosten für die Hard- und Software zu bedenken. Dabei handelt sich zum einen um initiale Investitionen für die Anschaffung der Hardware und zum anderen um fortlaufende Kosten für Softwareupdates oder Serviceverträge. Da VR ein sich schnell entwickelnder Markt ist, sind Hardware-Modelle bereits nach wenigen Jahren veraltet. Die Software ist oft nur als Abo erhältlich. Ggf. können durch individuelle Absprachen mit den Herstellerfirmen auch dauerhafte Lizenzen erworben werden.

Innerhalb der Hochschullehre ist VR verhältnismäßig innovativ, weshalb der frühzeitige Einbezug von IT, Endanwender:innen, Verwaltung und anderen für das Projekt relevanten Stellen der jeweiligen Einrichtung zu empfehlen ist. Es sollte beachtet werden, dass es sich nicht um eine "Plug-and-play"-Anwendung handelt, wie das bei anderen Medien der Fall ist. Außerdem sind sowohl Hard- als auch Software oft noch vergleichsweise fehleranfällig. Durch den "Fehlstart" eines solchen Projektes (bspw., wenn die Technik bei einer ersten Präsentation mit Entscheidungsträger:innen nicht funktioniert) kann sich die Etablierung dieser vielversprechenden Technik erheblich verzögern.

Die Installation und Handhabe ist auch im Projekt VRmed überwiegend reibungslos abgelaufen. Dennoch zeigt sich, dass ein erhöhtes Grundwissen über Hardware wie bspw. Grafikkarten, entsprechende Treiber und Schnittstellen von Vorteil in der Einrichtung sind. Ebenso verlangen die VR-Systeme eine regelmäßige Kontrolle und einen gewissenhaften Auf- und Abbau. Zusätzlich zeigt sich, dass das Erfassen des/der User:in im Raum, dem sogenannten Tracking, durch bautechnische Eigenschaften der Räumlichkeiten beeinflusst werden kann. Demzufolge ist einem fest installierten Setup von Raum, VR-System und Computer dringend zu raten. Ferner ist festzustellen, dass es innerhalb der Benutzung durch verzögerte Rechenleistung in Ausnahmefällen zu grafischen Darstellungsfehlern oder verzögerte Reaktion zu rechnen ist.

Weitere „Lessons-Learned“:

In einem kritischen Punkt lässt sich festhalten, dass die Nutzung des VR-Systems zwar grundlegend intuitiv aufgebaut ist, aber Handhabungen wie das Auf- und Absetzen des Headsets einer externen Betreuung bedürfen und eine kurze prozedurale Einweisung in den meisten Fällen notwendig ist. Die individuelle Benutzung stellt darüber hinaus stets eine Herausforderung dar, da im direkten Feedback Schwierigkeiten des Sichtfelds und die Schnittstelle von Headset und Kabel zum Computer oft als störend und demzufolge als massiver immersiver Bruch innerhalb der Nutzung bemerkt wurden.

Als störend wurden konkret die Displayschärfe und der Bewegungsradius als Faktoren angemerkt. Dies jedoch ist vermeidbar, indem man das Headset auf jede:n Nutzer:in individuell einstellt und die Kabelführung gegebenenfalls über eine an der Decke angebrachte Umlenkrolle oder Galgensystem installiert. Zusätzlich muss hier die Umsetzbarkeit mit kabellosen System angemerkt werden, die aufgrund einer verzögerten Datenübertragungen für die komplexen Anwendungen nicht geeignet war und daher die Kabel-basierte Schnittstelle sich als die Effizienteste erwies.

Zudem wiesen Proband:innen des Projektes nach längerer Benutzung Anzeichen von Motion Sickness (ein durch eine visuelle Gleichgewichts-Dissonanz ausgelöstes Schwindelgefühl) auf. Diese somatische Wahrnehmung ist vor allem bei User:innen ohne regelmäßiger VR-Erfahrung häufig auftretend.

Nachnutzungsmöglichkeiten

Die Verstetigung des Projektes setzt an verschiedenen Bereichen an. Durch die Förderung des Digital Fellowships konnte VR im Referat Lehre der Medizinischen Fakultät etabliert werden und wird noch über die Förderdauer hinaus weitergeführt. Ein umfassender Abschlussbericht wird erarbeitet, der neben einer theoretischen wissenschaftlichen Ausarbeitung insbesondere die Erfahrungen zusammenführt. Ebenso werden ausführliche Anleitungen zur Nutzung der VR-Systeme erstellt. Beides soll öffentlich verfügbar sein (bspw. CC-Lizenz), sodass auch andere Lehreinrichtung von den Ergebnissen des Projektes profitieren können.

Die angedachten, aber aufgrund der Corona-Pandemie nicht umzusetzenden, Evaluationsprozesse und Workshops sollen nachgeholt werden. Hierbei wird insbesondere die Evaluation durch Studierende vorangetrieben.

Zudem führte das Projekt dazu, dass zwei Dozierende die Integration einer VR-Anwendung (i:medtasim) in einem Wahlfach planen, womit eine Verstetigung und insbesondere auch ein zentrales Ziel des Projektes erreicht werden.

Weitere Informationen

Projektzeitraum: 01.01.2020 bis 31.12.2020

Generelles

Eines der Ergebnisse der Evaluation ist, dass zwei Dozierende daran interessiert sind, eine der evaluierten VR-Anwendungen in Form eines Wahlfachs in das Medizinstudium einzubinden.

Das Projekt wird über den Zeitraum dieses Digital Fellowships hinaus weitergeführt. In diesem Rahmen wird ein umfassender Abschlussbericht mit wissenschaftlichem Hintergrund und ausführlichen Ergebnissen der Evaluation erstellt. Zudem werden Anleitungen für die Nutzung der VR-Systeme und VR-spezifischen Anwendungen erstellt. Die Ergebnisse sind über die zuständigen Personen der Medizinischen Fakultät verfügbar.

Weiteres

Mit dem Ende des Fellowships ist das Projekt VRmed an der Medizinischen Fakultät nicht beendet. Wir arbeiten mit einem motivierten Team weiter an der Integration von VR in die medizinische Lehre und werden dabei immer wieder Projektberichte, Handreichungen, Paper etc. veröffentlichen.

Des Weiteren bauen wir unsere Kenntnisse und unser Repertoire aus und arbeiten nun auch an einem Projekt zu Augmented Reality (AR).

Kontakt

M. A. Alexander Lachky

Universität Leipzig

alexander.lachky@medizin.uni-leipzig.de

0341 97-15921

https://www.uniklinikum-leipzig.de/studium-lehre

B.A. Franziska Eckardt

Universität Leipzig

franziska.eckardt@medizin.uni-leipzig.de

https://www.uniklinikum-leipzig.de/studium-lehre

M.A. Ingmar Stange

Universität Leipzig, Medizinische Fakultät

ingmar.stange@medizin.uni-leipzig.de

0157 71251728

https://www.uniklinikum-leipzig.de/