Der Arbeitskreis E-Learning (AK E-Learning) initiiert und betreut im Auftrag der Landesrektorenkonferenz Sachsen (LRK Sachsen) und in Abstimmung mit der Hochschuldidaktik Sachsen (HDS) in den Jahren 2024 und 2025 E-Learning-Hochschulvorhaben, die das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) mit Haushaltsmitteln finanziell unterstützt.
Das vorgestellte Projekt „AiLADIN: ALADIN meets AI“ (ALADIN: Generator für Aufgaben und Lösung(shilf)en aus der Informatik und angrenzenden Disziplinen, AI: Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz, KI) wird an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW Dresden) bearbeitet.
Das Projekt „AiLADIN“ baut auf dem Projekt „OPALADIN“ auf und erweitert das Framework ALADIN um neue Funktionen: Ein grafisches Autorentool ermöglicht Lehrenden, ohne Programmierkenntnisse Aufgabengeneratoren und entsprechende Oberflächen zu erstellen. Künstliche Intelligenz bewertet automatisch die Lösungsversuche der Lernenden und passt die Aufgaben basierend auf deren Lernverlauf an. Zwei Software-Bibliotheken unterstützen die Erweiterungen: eine für die Erstellung von Aufgabengeneratoren mit wiederverwendbaren Elementen und eine zweite für konfigurierbare grafische Interaktionselemente. Beide Bibliotheken funktionieren nach dem Baukastenprinzip und ermöglichen eine flexible und anpassbare Aufgabengestaltung.
Im Interview mit dem Projektleiter Prof. Dr. Torsten Munkelt (HTW Dresden) erfahren Sie mehr über dieses interessante Teilvorhaben.
Herr Professor Munkelt, wie ist Ihr Vorhaben „AiLADIN“ bisher verlaufen?
Prof. Munkelt: Um mit den Worten meines jüngeren Sohnes zu sprechen, wenn ich ihn frage, wie es in der Schule gewesen sei: „Gut.“
Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Projekt? Wie gehen Sie dabei vor? Werden Sie die Ziele aus heutiger Sicht erreichen? Welche Hürden mussten/müssen Sie im Projektverlauf überwinden?
Prof. Munkelt: Das Projekt AiLADIN ist sehr ambitioniert aufgestellt und verfolgt insgesamt 17 Ziele. Sie lassen sich grob wie folgt zusammenfassen: erstens studierendenzentriertes Lehren und Lernen, zweitens Arbeitserleichterung für Lehrende und Qualitätserhöhung der Lehre und drittens zukunftsorientierte Ergänzung der digitalen (sächsischen) Hochschulinfrastruktur.
Um die Ziele des AiLADIN-Projektes zu erreichen, gilt es zuvörderst, überdurchschnittlich gut ausgebildete und überdurchschnittlich engagierte Informatikerinnen und Informatiker als Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zu gewinnen, was uns glücklicherweise gelungen ist. Um zusätzliche Kapazität zu gewinnen, vergeben wir Abschlussarbeiten zu klar abgegrenzten Teilaufgaben. Idealerweise handelt es sich um Master- und Diplomarbeiten, manchmal aber auch um Bachelorarbeiten. Die Abschlussarbeiten müssen natürlich betreut werden, was ebenfalls Aufwand verursacht, und manchmal investiert man mehr in die Betreuung einer Abschlussarbeit als man Nutzen aus ihr zieht. Ansonsten verfolgen wir den Projektplan, treffen uns mindestens einmal wöchentlich, um das weitere kurzfristige Vorgehen abzustimmen und auf gegebenenfalls aufgetretene Probleme zu reagieren.
Aus heutiger Sicht ist noch nicht abzusehen, ob wirklich alle 17 für das AiLADIN-Projekt gesteckten Ziele in vollem Umfange erreicht werden, aber selbst dann, wenn das nicht der Fall sein sollte, kommen wir mit AiLADIN einen entscheidenden Schritt weiter bei der Generierung individualisierter Übungs- und Prüfungsaufgaben und der automatischen Bewertung und Korrektur der Lösungen der generierten Aufgaben.
Eine Hürde, die es beim AiLADIN-Projekt zu überwinden gegolten hat, hat darin bestanden, bei relativ wenig Geld und relativ kurzer Projektlaufzeit das oben erwähnte Personal zu gewinnen, was schwer gewesen, uns aber glücklicherweise gelungen ist. Eine weitere Hürde besteht darin, dass insbesondere das AiLADIN-Projekt nicht nur Arbeit oder Entwicklung umfasst, sondern auch sehr viel Forschung im Bildungs- und Informatikbereich beinhaltet, die auch objektiv oder aufgrund geringer Mittel und knapp bemessener Projektlaufzeit nicht grundsätzlich erfolgreich ist. In anderen meiner Forschungsprojekte, die nicht den Bildungssektor, sondern den Industriesektor bedienen, sind oft drei oder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für drei Jahre in Vollzeit angestellt und nicht nur eine(r) für anderthalb Jahre zu zirka 70 Prozent.
Wie werden die Projektergebnisse zur Verbesserung der Ausbildung der Studierenden beitragen?
Prof. Munkelt: Die Projektergebnisse von AiLADIN tragen in mehrerlei Hinsicht zur Verbesserung der Ausbildung der Studierenden bei. In ALADIN wird das Erstellen von Aufgabengeneratoren und Oberflächen zum Lösen der Aufgaben deutlich vereinfacht, weil ein grafisches Autorentool bereitgestellt wird, mit dem Lehrende mehr und einfacher formative Assessments für Studierende erstellen, die den Studierenden bereitstehen und aus denen sie nach Belieben wählen können. Die automatische Bewertung von Lösungsversuchen wird erweitert und vereinfacht, indem KI-Verfahren in AiLADIN eingesetzt werden. Dadurch erhalten Studierende Feedback unmittelbar, personalisiert und so häufig wie nötig. AiLADIN ermöglicht die Generierung von Aufgaben mit einem individuell passenden Schwierigkeitsgrad, indem KI-Verfahren Aufgabengeneratoren für Folgeaufgaben aufgrund der Lernhistorie der Studierenden automatisch parametrisieren.
Wird studierendenzentrierte Lehre durch Ihr Projekt gefördert und wenn ja, in welcher Form?
Prof. Munkelt: AiLADIN fördert die studierendenzentrierte Lehre unter mehreren Aspekten. Mit AiLADIN generierte Aufgaben stellen formative Assessments dar, da sie Studierenden erlauben, die Aufgabenkomplexität gemäß ihres eigenen Kompetenzstandes zu variieren, und da die Studierenden durch AiLADIN individualisiertes Feedback erhalten, welches ohne menschliche kognitive Fehler erfolgt (z. B. Reihungsfehler oder Pygmalion-Effekt). AiLADIN vermittelt Studierenden mithilfe des ARRRR-Prinzips (Record, Redirect, Replay, Resume, Annotate) Kommunikations- und Kollaborationskompetenzen im digitalen Raum. AiLADIN räumt den Studierenden mehr Flexibilität ein, da jederzeit und von überall aus mit den Lehr- und Lernmaterialien interagiert werden kann.
Wie können weitere sächsische Hochschulen von den zu erwartenden Projektergebnissen profitieren?
Prof. Munkelt: AiLADIN bzw. ALADIN ist ein Open-Source-Projekt und steht unter https://github.com/HTW-ALADIN/ALADIN allen sächsischen Hochschulen zum Deployment und auch zur Weiterentwicklung zur Verfügung, so dass alle Studierenden AiLADIN zum Lösen von Übungsaufgaben nutzen können und alle Lehrkräfte in AiLADIN Aufgabengeneratoren und entsprechende grafische Benutzungsoberflächen erstellen können. Zudem hosten wir eine AiLADIN-Instanz unter https://aladin.htw-dresden.de/, in der Studierende und Lehrkräfte Übungsaufgaben generieren lassen und lösen können und Feedback erhalten.
Welche Vorteile sehen Sie in der zentralen Koordination und Begleitung der Vorhaben durch die Geschäftsstelle des AK E-Learning der LRK Sachsen? Konnten Sie bereits in einen fachlichen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der weiteren Projekte treten?
Prof. Munkelt: Die zentrale Koordination und Begleitung der Vorhaben durch die Geschäftsstelle des AK E-Learning der LRK Sachsen zwingt alle an den Vorhaben Beteiligten, Öffentlichkeitsarbeit für die Vorhaben zu erbringen, welche den Bekanntheitsgrad der Vorhaben erhöht und dafür sorgt, dass die Ergebnisse der Vorhaben von mehr Studierenden und mehr Lehrkräften verwendet werden. Zudem zwingt die zentrale Koordination und Begleitung die an den Vorhaben Beteiligten, miteinander in einen fachlichen Austausch zu treten, z. B. während des jährlichen Workshops on E-Learning, was zu Synergieeffekten bei der Bearbeitung der Vorhaben und zu neuen gemeinsamen Vorhaben im Kontext des E-Learning führt. Ich erachte die zentrale Koordination und Begleitung der Vorhaben durch die Geschäftsstelle des AK E-Learning der LRK Sachsen folglich als vorteilhaft, auch wenn sie den an den relativ kleinen Vorhaben Beteiligten einen verhältnismäßig hohen Zusatzaufwand verursacht – wie z. B. durch dieses Interview.
Wie planen Sie das Projekt nach Ende der Laufzeit weiterzuentwickeln?
Prof. Munkelt: Geplant sind die Erweiterung von AiLADIN durch Folgeprojekte und durch umfangreiche Experimente, die A(i)LADIN empirisch hinsichtlich seiner Wirksamkeit untersuchen. Die Folgeprojekte METALADIN und AIducator werden den Einsatz von ALADIN großflächig in mehreren Modulen (z. B. Datenbanken, Software-Modellierung und -Entwicklung und Theoretische Informatik) mit einer großen Anzahl von Studierenden (ca. 12.000 aktive Studierende an Informatik- und Mathematikfakultäten) evaluieren. Mit AIducator wird auf Basis von ALADIN ein Intelligentes Tutoring System (ITS) entwickelt, welches die (asynchrone) Fernlehre unterstützt. Lernende sollen damit zeit- und ortsunabhängig Üben und Lernen können, und jederzeit formatives Feedback erhalten. Das Projekt AIducator konzentriert sich auf den Bereich der konzeptuellen Modellierung, soll anschließend jedoch auch auf andere Fachgebiete übertragen werden. METALADIN beschäftigt sich mit der automatischen Generierung personalisierter Aufgaben und deren Einsatz in Microlearning-Einheiten. Zur Individualisierung von Lernpfaden sollen u. a. Recommender-Systeme eingesetzt werden. Durch die interdisziplinär aufgestellten Projekte FermentALADIN und Rea{c|k}tALADIN mit der Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie der HTW Dresden, wird ALADIN um Aufgaben und Simulationsexperimente aus der technischen und organischen Chemie erweitert.