Selbstlernphasen im virtuellen Praktikum und unterstützt durch einen Generator für Aufgaben und Lösungshilfen

 Selbstlernphasen dienen häufig der individuellen Erarbeitung und Festigung des Wissens. Unterstützt wird dies beispielsweise durch die Bereitstellung von Arbeitsmaterialien oder Feedback bezüglich des Wissenstands. Das Integrieren von Selbstlernphasen macht es auf diesem Wege möglich, individuelle Lerntempi und Lerngewohnheiten der Studierenden zu berücksichtigen. Beispiele für den Facettenreichtum der Unterstützungsmöglichkeiten in Selbstlernphasen sind die beiden Tandem-Projekte von Prof. Dr. Cornelia Breitkopf (TU Dresden) und Prof. Dr. Grit Kalies (HTW Dresden) sowie Prof. Dr. Torsten Munkelt und Prof. Dr. Torsten Gonschorek von der HTW Dresden.

Wie sind Selbstlernphasen in Ihrer Lehrveranstaltung eingebunden?

Prof.in Breitkopf: Momentan durch ein geführtes E-Assessment mit theoretischen Fragen und Übungsaufgaben unter Nutzung aller Aufgabenformate im Onyx.

Prof.in Kalies: Wir nutzen die Systeme Opal und Onyx, in die Übungsaufgaben, Vorlesungsskripte, Praktikumsskripte und weitere Inhalte der Lehre eingestellt werden. Die Studenten sind angehalten, die Übungsaufgaben vor den wöchentlichen Online-Übungen selbst durchzurechnen. Die virtuellen Praktikumsversuche sind noch nicht erstellt, das geschieht ab Januar 2021.

Prof. Munkelt & Prof. Gonschorek: Die Studierenden lösen eine oder zwei Aufgaben eines bestimmten Typs während der Vorlesung oder der Übung gemeinsam mit uns. Im Anschluss stellen wir den Studierenden den Generator ALADIN zur Verfügung. ALADIN generiert den Studierenden Aufgaben des obigen Typs. Die Studierenden lösen die Aufgaben online. ALADIN generiert den Studierenden auf Wunsch online Lösungshilfen. So lernen die Studierenden, die Aufgaben richtig und zügig zu lösen. Die Studierenden lernen zwar selbst, aber eigentlich lehrt ihnen ALADIN, die Aufgaben zu lösen.

Welche Rolle spielen Lernkontrollen und Feedback in Ihrem Fellowship bzw. wie überprüfen Sie das Selbstlernen?

Prof.in Breitkopf: Die als E-Assessment umgesetzten Lernkontrollen sind Ausgangspunkt für die Idee der Einbindung auch praktischer Elemente, die ein reales Praktikum adaptieren sollen.

Prof.in Kalies: Das Selbststudium wird in den wöchentlichen Online-Übungen und den Vorlesungen geprüft. Studenten werden aufgefordert, ihre Lösungen vorzustellen und Aufgaben vorzurechnen. Das klappt schon teilweise, wenn auch noch nicht so gut wie in Präsenz.

Prof. Munkelt & Prof. Gonschorek: ALADIN beinhaltet Lernkontrollen, da er die Aufgaben selbst löst und den Studierenden mitteilt, ob sie die Aufgaben richtig gelöst haben oder wo sie ggf. noch Fehler begangen haben, so dass die Studierenden selbst einschätzen können, wie gut sie die Aufgaben lösen. ALADIN erfasst Daten darüber, welche Aufgaben die Studierenden wie oft und wann richtig oder falsch gelöst haben, an welchen Stellen die Studierenden Fehler begangen haben usw. ALADIN stellt diese Daten den Lehrenden anonymisiert in Form von Diagrammen zur Verfügung, so dass sie erfahren, welche Aufgaben die Studierenden gut gelöst haben und wo noch Defizite bestehen, auf welche die Lehrenden entsprechend reagieren können.

Auf welche unterschiedlichen Lernbedürfnisse sind Sie in Ihrer bisherigen Lehrtätigkeit bereits gestoßen? Inwiefern kann der Einbezug von Selbstlernphasen hier hilfreich werden?

Prof.in Breitkopf: Meine Studierenden haben sehr unterschiedliche Vorkenntnisse aufgrund unterschiedlicher Studierendengruppenzusammensetzung. Wir schaffen mit den E-Assessment-Aufgaben daher auch Angebote zur Wiederholung und Möglichkeiten zur Abwahl einfacher Aufgaben, wenn Kenntnisse vorhanden sind.

Prof.in Kalies: Auch bei uns verfügen die Studierenden über unterschiedliche Vorkenntnisse, vor allem in Mathematik. Die Selbstlernangebote können hier hilfreich werden, indem gezielt auf Lücken hingewiesen wird und Hinweise für geeignete Literatur und Tools gegeben werden. Wir bieten z.T. auch mathematische Vertiefung an, z. B. in der 1. Übung Physikalische Chemie II.

Prof. Munkelt & Prof.Gonschorek: Im Kontext von ALADIN sprechen wir eigentlich nicht von Lernen, sondern von Üben. Einige Studierenden müssen – oder sollten 😉 – mehr üben als andere. Einige Studierende benötigen mehr Hilfestellung als andere. Die Lernkurven der Studierenden steigen unterschiedlich steil an. ALADIN deckt unterschiedliche Lernbedürfnisse ab, indem er den Studierenden angemessene Aufgaben stellt, und gibt Hilfestellungen nach Bedarf.

Wie kommen die Studierenden in den Selbstlernphasen zurecht? Welche Erfahrungen konnte Sie hier schon gewinnen?

Prof.in Breitkopf: Nach Überwinden der ersten „Hürde“, ein Angebot zu nutzen, für dass es keine Credit Points gibt, kommen die Studierenden sehr gut zurecht und nutzen das zusätzliche Angebot gern. Es wird bei der weiteren Ausarbeitung neuer Angebote immer eine Abwägung bleiben, wie viele inhaltliche Vorgaben man bei Aufgaben macht bzw. wie viel an Eigeninitiative den Studierenden durch eine zunehmende Optimierung des Assessment genommen wird. Manchmal ist weniger mehr!

Prof.in Kalies: Die Studierenden werden zum Teil gern an die Hand genommen. Gute Lehre besteht auch in Kommunikation. In Selbstlernphasen ist die Konzentration vieler Studierender nicht uneingeschränkt auf die Lehrinhalte gerichtet. Doch gibt es hier eine große Variationsbreite.

Prof. Munkelt & Prof. Gonschorek: Leider liegen uns noch keine umfangreichen Daten vor, um verlässliche Aussagen zu treffen, wie gut die Studierenden mit ALADIN zurechtkommen, aber das Feedback derer, die ALADIN bereits verwendet haben, fällt durchweg positiv aus. Was wir uns mit ALADIN vorgenommen hatten, ist bereits für mehrere Aufgabentypen möglich, was nicht von vornherein klargewesen ist. Allerdings ist der Aufwand, quasi für jeden Aufgabentyp einen Generator für Aufgaben und entsprechende Lösungshilfen zu entwickeln, relativ hoch, und die Entwicklung ist durchaus anspruchsvoll.