Tandem-Fellowships für E-Assessment-Angebote zur Unterstützung der Selbstlernphase in den Bereichen Ingenieurwissenschaften und Mathematik.

Insgesamt sechs Fellowships der aktuellen Förderperiode entwickeln das Thema E-Assessment für ihre Lehrveranstaltungen weiter. Für den Bereich Mathematik und Ingenieurwissenschaften berichten in der aktuellen Newsletter-Ausgabe stellvertretend aus drei Tandem-Fellowships Herr Prof. Dr. Markus Seidel und Herr Michael Quellmalz, Frau Prof. Dr. Cornelia Breitkopf und Herr Dr. Sebastian Herrmann sowie Herr Dr. Andreas Albers und Herr Jun.-Prof. Dr. Marc Walther von den Hochschulen bzw. Universitäten in Zwickau, Chemnitz, Dresden sowie Zittau/Görlitz. Mit ihren Projekten möchten sie Studierende in der Selbstlernphase unterstützen.

Erfahren Sie im Interview, welche Ziele die jeweiligen Fellowships in ihren Projekten verfolgen und welche Erfahrungen Sie jetzt schon teilen können.

Übungen rechnen wann, wo und wie lange die Studierenden mögen, ohne die eigenen Fehler gleich preiszugeben

In unserer Förderperiode sind mit Ihren Tandem-Fellowships gleich drei Projekte vertreten, die sich um die Entwicklung von E-Assessment-Angeboten zur Unterstützung von Selbstlernphasen bemühen. Können Sie uns zunächst kurz erklären, inwiefern die E-Assessment-Angebote Ihre Studierenden unterstützen sollen?

Dr. Albers & Jun.-Prof. Walther (TU Dresden): Die Auseinandersetzung mit dem Vorlesungsstoff muss letztlich individuell erfolgen. Im Fall von Dr. Andreas Albers sind es grundständige Rechenaufgaben der Chemie, während JProf. Walther deutlich komplexere Aufgaben, gerichtet an höhere Semester, in OPAL/ONYX umsetzt, deren Feedback und Antwortmöglichkeiten anspruchsvoller sind. Die E-Assessment-Angebote machen diese Auseinandersetzung für die Studierenden zeitlich und örtlich unabhängig. Sie bekommen Feedback und können Fehler machen, ohne diese vor dem Dozenten oder Kommilitonen preiszugeben.

Herr Quellmalz (TU Chemnitz) & Prof. Dr. Seidel (WH Zwickau): Mit unserem Projekt möchten wir gern die Möglichkeiten für das Feedback erweitern, welches die Studierenden auf Übungen in elektronischen Tests erhalten. Hierfür sollen zunächst die technologischen Möglichkeiten für individualisiertes Feedback gezielt ausgebaut werden und dies dann in Online-Kursen der Mathematik für verschiedene Studiengänge in MINT-Fächern auch konkret umgesetzt werden. Die Studierenden erhalten durch die von uns angestrebte adaptive Feedback-Steuerung im E-Assessment z. B. sofort nachdem sie ihre Lösungen eingegeben haben eine Rückmeldung nicht nur über deren Korrektheit und Vollständigkeit, sondern auch eine Analyse etwaiger Fehler mit Hinweisen für eine nochmalige Bearbeitung. Dies ermöglicht den Studierenden ihr Verständnis und ihre Unsicherheiten zu reflektieren und durch Selbstkorrektur ihren Lernerfolg zu steigern. Weiterhin sehen sie nach Abschluss eines Themenkomplexes ein individuelles Feedback über ihren persönlichen Leistungsstand, wodurch ein zielgerichtetes weiteres Selbststudium unterstützt wird.

Dr. Herrmann (HS Zittau/Görlitz) & Prof. Dr. Breitkopf (TU Dresden): Thermopr@ctice zeichnet sich durch eine den Lernprozess unterstützende Arbeitsweise aus. Das System trägt dazu bei, das selbstgesteuerte Lernen zu unterstützen, digitale Kompetenzen zu fördern und den Studienerfolg zu sichern. Die Studierenden werden im Lösungsprozess komplexer Berechnungsaufgaben unterstützt und erhalten eine direkte Rückmeldung zum ermittelten Ergebnis. So werden z. B. bei fehlerhaften Eingaben Zwischenergebnisse abgefragt, die den Fehlerort in der Berechnung eingrenzen. Das Lehrfach Technische Thermodynamik ist durch komplexe Berechnungsaufgaben charakterisiert, wobei sowohl methodische als auch mathematische Fähigkeiten im Fokus stehen. Der didaktische Ansatz führt die Studierenden an moderne Arbeitsweisen des Ingenieurs unter Nutzung fachbezogener Berechnungssoftware heran.

Haben Sie bereits Erfahrungen mit diesem Angebot gemacht? Wie nehmen die Studierenden dieses an?

Dr. Albers (TU Dresden): Die bisher angebotenen vorlesungsbegleitenden Online-Aufgaben mit Freitext-Lösungen nehmen aktuell ungefähr die Hälfte aller Studierenden wahr und laden die Aufgabenstellung runter. Eine Beantwortung mit Feedback/Bewertungswunsch laden jedoch nur ca. 15% der Studierenden hoch. Dabei ist es stark typabhängig, wer die Angebote tatsächlich nutzt.

Jun.-Prof. Walther (TU Dresden): In unseren beiden Kursen stellen wir eine erhöhte Onlineaktivität kurz vor der Klausur fest, wobei wir vermuten, dass dann nur ein oberflächliches Lernen erfolgt.

Herr Quellmalz (TU Chemnitz) & Prof. Dr. Seidel (WH Zwickau): An der TU Chemnitz und WH Zwickau haben wir in den vergangenen Semestern bereits seit über 5 Jahren verschiedene vorlesungsbegleitende Online-Kurse betreut. Teilweise sind diese als Prüfungsvorleistung erforderlich. Häufig konnten wir die Erfahrung machen, dass das Feedback im E-Assessment eine bedeutende Rolle einnimmt. Viele Anfragen, die uns bisher von Studierenden erreicht haben, befassen sich mit dem Feedback und der darin bereitgestellten Musterlösung.

Dr. Herrmann (HS Zittau/Görlitz) & Prof. Dr. Breitkopf (TU Dresden): Thermopr@ctice (in seiner ursprünglichen Version) wird seit mehreren Jahren im Lehrfach Technische Thermodynamik an der Hochschule Zittau/Görlitz eingesetzt. Bisher wurde es im Lehrfach Technische Thermodynamik I von etwa 20 % der Studierenden genutzt, im darauf folgenden Semester (Technische Thermodynamik II) bereits von etwa der Hälfte und danach in der Technischen Thermodynamik III von etwa 80 bis 100 % der Studierenden und erfreut sich damit einer großen Akzeptanz.

Welche Erfahrungen aus Ihrem Fellowship können Sie den anderen beiden Fellowships sowie anderen Lehrenden mit auf den Weg geben?

Dr. Albers & Jun.-Prof. Walther (TU Dresden): Die Einstiegshürde ist sicherlich die technische Umsetzung. Wichtig ist es, die Ziele nicht aus dem Blick zu verlieren: Studierende sollen orts- und zeitunabhängig Aufgaben lösen und ihren Lernfortschritt reflektieren. Wir als Lehrende können den Reflexionsprozess mit unserem Angebot unterstützen und gezielt helfen. Ein „Ich kann den pH-Wert nicht berechnen“ wird so dann hoffentlich zu „Mir ist nicht klar wie pKs und pH-Wert zusammenhängen“.

Herr Quellmalz (TU Chemnitz) & Prof. Dr. Seidel (WH Zwickau): Da das Fellowship erst seit September läuft, können wir hier noch nicht allzu viel sagen. Ein zentraler Punkt im E-Assesment sollte aber immer sein, den Studierenden Feedback zu geben und auch gezielt zur Lösung hinzuführen. Ziel ist ja nicht, dass die Studierenden wissen, dass sie eine Frage falsch beantwortet haben, sondern sie sollen lernen, wie es richtig funktioniert, und warum es richtig ist.
Fehler zu machen, zu erkennen und zu korrigieren ist völlig natürlich und vielmehr ein ganz wesentlicher Bestandteil erfolgreicher tiefgründiger und nachhaltiger Lernprozesse. Im Gegensatz zu statischen (z. B. klassisch gedruckten) Ausgabenserien haben elektronische Formate das Potential solche Prozesse auch abzubilden und gezielt zu fördern. Aktuelle Assessment-Systeme sind (historisch) eher auf das Testen fokussiert, weniger auf das Entdecken und Üben. Insofern sind sie technologisch z. T. noch unzureichend für solche Lernszenarien ausgestattet. Für eine zielgerichtete Weiterentwicklung der Systeme sind gute konkrete Konzeptionen interaktiver und adaptiver Lernangebote an den Grenzen des heute technisch Möglichen von entscheidender Bedeutung. Der fachübergreifende Austausch von Lehrenden über die Bedarfe und die enge Zusammenarbeit mit den Entwicklern des Systems sind hier zwei ganz wichtige Faktoren.

Dr. Herrmann (HS Zittau/Görlitz) & Prof. Dr. Breitkopf (TU Dresden): Da unser Fellowship-Projekt aktuell am Anfang steht, können wir daraus noch nicht allzu viel ableiten. Die Erfahrungen der letzten Jahre mit der bisherigen Version von Thermopr@ctice sind, dass die Nutzung des eigenen Rechners für studentische Zwecke ein großer Pluspunkt für die Studierenden ist und auch die Möglichkeit, zu Hause am Rechner Aufgaben zu lösen, gut angenommen wird. Ebenfalls sehr positiv wurde aufgenommen, dass das für Thermopr@ctice genutzte Programm Mathcad auch für andere Lehrveranstaltungen genutzt werden kann und somit ein Mehrwert im weiteren Studienverlauf entsteht. Die Weiternutzung in anderen Modulen sollte bei unseren Projekten also auch im Fokus bleiben. Bei standortübergreifenden Kooperationsprojekten wie diesem liegt der Fokus insbesondere auf dem aktiven Austausch der Projektpartner. Ziel ist, dass beide Standorte bestmöglich von diesem Vorhaben profitieren, sodass nicht nur der Transfer des Formats gelingt, sondern auch weitere Impulse für die Lehre der einzelnen Standorte entstehen.