Der Fremdsprachenerwerb wird längst von der Digitalisierung beeinflusst. Verschiedene Anbieter stellen Apps zur Verfügung, welche das Lernen einer anderen Sprache erleichtern sollen. Einen Kernpunkt der beiden in diesem Monat vorgestellten Fellowships bildet die Bereitstellung von Self-Assessment-Angeboten im Rahmen von Hochschulkursen zum Fremdsprachenerwerb. Dr. Antje Tober von der HTWK Leipzig und Michaela Heidig von der Hochschule Zittau/Görlitz arbeiten in einem Einzel- und einem Tandem-Fellowship an der Erstellung von Online-Testaufgaben, um diese sowohl zur kursbegleitenden Übung und Unterstützung als auch zur Orientierung für die Kursauswahl einsetzen zu können.

Kontinuierliche, unmittelbare und objektive Rückmeldungen zum eigenen Kenntnisstand beim fachbezogenen Fremdsprachenerwerb – die Potentiale von Self-Assessment-Angeboten in der Fremdsprachenausbildung

Online-Testaufgaben und Self-Assessment-Angebote können mit ganz unterschiedlichen Zielen eingesetzt werden, wie die Vorhaben von Frau Dr. Antje Tober von der HTWK Leipzig und Frau Michaela Heidig von der Hochschule Zittau/Görlitz beispielhaft aufzeigen. Frau Dr. Tober setzt in ihrem Einzel-Fellowship ein lernbegleitendes (formatives) Assessment-Angebot um und stellt Online-Testaufgaben bereit, um die persönliche Medien- und Prüfungskompetenz der Studierenden sowie deren Selbsteinschätzung und damit verbunden deren Selbstlernkompetenzen zu erweitern. In einem zweiten Fellowship arbeitet sie gemeinsam mit Michaela Heidig an einem diagnostischen Assessment-Angebot, welches die Lernvoraussetzungen der Studierenden in den Blick nimmt. In diesem Tandem-Fellowship werden Online-Einstufungstests entwickelt, durch welche den Studierenden die Auswahl eines an ihr Niveau angepassten Sprachkurses erleichtert werden soll.

Frau Dr. Tober, Frau Heidig, welche Vorteile sehen Sie in der Anwendung von Self-Assessment-Angeboten beim Fremdsprachenerwerb?

Dr. Tober (HTWK Leipzig): Fremdsprachliche Kompetenzen zu erwerben und aktiv zu halten, ist ein kontinuierlicher und langwieriger Prozess. Die meisten Studierenden haben in der Schule viele Jahre eine bis drei Fremdsprachen erlernt, für andere Studierende, die sich erst später zur Aufnahme eines Studiums entschließen, liegt der letzte Fremdsprachenunterricht mitunter einige Jahre zurück. In ihrem Studium an der HTWK Leipzig hat der Fremdsprachenunterricht einen starken Fachbezug. Dies ist neu und damit die Studierenden Sicherheit in Bezug auf ihren Sprachstand und die zu erwerbenden Lernziele erlangen, ist eine kontinuierliche Möglichkeit des Self-Assessment sinnvoll. Self-Assessment ist im Übrigen nicht nur (eine formative) Prüfung, sondern auch ein Lernerlebnis, da die Studierenden sofort ein Feedback über ihre richtigen und falschen Antworten erhalten.

Michaela Heidig (Hochschule Zittau/Görlitz): Mithilfe der Online-Einstufungstests erhalten Studierende eine objektive Einschätzung ihrer Fremdsprachenkenntnisse, die zumeist von der subjektiven Einschätzung der Studierenden abweicht. Damit erhalten die Studierenden einerseits die Möglichkeit, einen für sie geeigneten Sprachkurs auszuwählen und andererseits werden ihnen Lücken in ihren Fremdsprachenkenntnissen transparent gemacht, die sie dann mithilfe von Kursen und Selbstlernmaterialien, die im Anschluss an den Test angezeigt werden, schließen können.

Inwiefern unterscheidet sich Ihr Angebot von den frei verfügbaren Sprachen-Apps?

Dr. Antje Tober: Frei verfügbare Sprachen-Apps wie zum Beispiel Duolingo sind für den Erwerb von Allgemeinsprache ausgelegt. Unsere Inhalte sind stark fachbezogen und auf die Zielgruppe der Studierenden hin entwickelt. Sie fügen sich in die bekannte Lernumgebung OPAL ein und ermöglichen den Studierenden somit ein nahtloses Erlebnis. Durch die mobile Version von OPAL kann dies natürlich auch am Handy erfolgen.

Michaela Heidig: Hier schließe ich mich Frau Dr. Tober an. Unser Angebot richtet sich an Studierende, so dass der Fokus auf Fachsprache bzw. für das Studium geeigneten Lerninhalten liegt.

Wie wurden die Online-Testaufgaben bisher von den Studierenden angenommen?

Dr. Antje Tober: Im Moment befinden wir uns noch in der Phase der Erstellung. Wir haben aber bereits einige wenige Selbsttests zur Prüfungsvorbereitung in OPAL bereitgestellt, die von den Studierenden dankbar angenommen wurden.

Michaela Heidig: Auch wir konnten noch keine umfangreiche Testphase durchführen, doch erste Erfahrungen zeigen eine gute Resonanz.

Inwiefern können die Fragepools auch in anderen Einrichtungen eingesetzt werden?

Dr. Antje Tober: Wir hoffen, dass unsere Projektergebnisse auch für andere sächsische Hochschulen interessant sind. Wir sind dazu auf dem Workshop on E-Learning im Herbst 2019 an der HTWK Leipzig mit relevanten Akteuren in ein erstes Gespräch gekommen, haben Wünsche und Fragen aufgenommen.

Michaela Heidig: Gerade im Hinblick auf die gängigen Sprachen Englisch und Deutsch als Fremdsprache, auf die wir uns in unserem Projekt konzentrieren, sehe ich gute Möglichkeiten, dass unsere Projektergebnisse auch von anderen sächsischen Hochschulen genutzt werden können, da diese zur Standardausbildung von (ausländischen) Studierenden gehören.

Wo sehen Sie weitere Chancen beim Einsatz digitaler Werkzeuge zur Unterstützung des Fremdsprachenerwerbs?

Michaela Heidig: Beim Fremdsprachenerwerb lassen sich digitale Werkzeuge in verschiedenen Szenarien einsetzen. Typische Beispiele sind hier das Abfragen von grammatikalischen Strukturen mithilfe von einfachen Online-Tests, Trainieren des Hörverständnisses und Erweiterung des Wortschatzes mit Podcasts oder Vokabelübungen in bspw. OPAL oder als App. Mit der richtigen Software kann sogar schon die Aussprache trainiert werden.