Während des digitalen Semesters waren für Hochschullehrende vor allem drei Fragen zentral: Wie kann ich synchrone Lehrveranstaltungen gestalten? Wie betreue ich asynchrone Lehrformate und wie realisiere ich digitale Prüfungen? Diese Fragen haben sich unsere Digital Fellows schon vor der Pandemie gestellt und konnten daher schon seit dem Wintersemester eigene Umsetzungen erproben. Von ihren Erfahrungen berichten sie im Interview.

Vor Corona geplant – jetzt von Erfahrungen profitiert. Unsere Digital Fellows berichten

Neben der synchronen Lehre waren auch die asynchrone Betreuung und das Umsetzen digital gestützter Prüfungen wichtige Schwerpunkte im digitalen Semester. Unsere Digital Fellows der aktuellen Newsletter-Ausgabe konzipieren und realisieren bereits seit September 2019 die asynchrone Betreuung per Newsletter und digitale Mathematik-Klausuren. In unserem Interview geben Melanie Ludwig und Annedor Scholtz einen Einblick in ihre Erfahrungen, die sie bei der Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines newsletterbasierten Medienkompetenztrainings für den Career Service an der TU Dresden sammeln konnten. Prof. Potts von der TU Chemnitz und Prof. Grüttmüller von der HTWK Leipzig wollten auch ohne Corona digitale Klausuren umsetzen und berichten, wie sie nun davon profitieren können.

Inwiefern waren Sie anderen Lehrenden durch die Aktivitäten in Ihrem Fellowship einen Schritt voraus?

A. Scholtz & M. Ludwig: Das ist nicht so einfach zu beantworten, da wir nicht wissen, wo die anderen Lehrenden zu dem Zeitpunkt standen. Im Vergleich zu den anderen Angeboten des Career Services lässt sich aber sagen: Bis zu DiLiNews gab es noch kein dauerhaftes Online-Angebot im Bereich der Schlüsselkompetenzen, die Schlüsselkompetenzworkshops waren bis Anfang 2020 zum Großteil offline in Präsenz und standen daher nur einem kleinen Teil an eingeschriebenen Studierenden zur Verfügung und auch thematisch gab es vor der Entwicklung von DiLiNews noch kein Angebot zur Entwicklung digitaler Kompetenzen. Durch Corona ist der Bedarf sowohl an online verfügbaren Lernangeboten als auch die Relevanz des Themas „Digitale Kompetenzen“ enorm gestiegen. Sowohl auf diese Themen, als auch auf das digitale Format waren wir durch DiLiNews gut vorbereitet. Während andere noch in der „Corona-Starre“ verharrten, waren wir im Career Service in der Lage, schnell auf digitale Angebote umzustellen. Mit DiLiNews hatten wir das „Testsemester“ bereits hinter uns und es waren nur noch kleinere Anpassungen nötig, um den als Newsletter angelegten OPAL-Kurs zügig in das digitale Workshopprogramm des Career Services aufzunehmen. Dieses Semester haben wir die Newsletter nicht einzeln versendet, sondern als Online-Kurs über OPAL bereitgestellt. Mittlerweile haben über 200 Personen die Materialien der Newsletter genutzt und sicherlich hilfreiche Informationen für dieses Online-Semester finden können.

Prof. Grüttmüller & Prof. Potts: Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Thema elektronisches Prüfen und haben bereits einiges an Erfahrungen gesammelt. So werden an der HTWK Leipzig seit 3 Jahren elektronische OPAL/ONYX-Prüfungen in Masterwahlpflichtfächern absolviert. Seit 2019/20 sind auch in der Mathematik I/II im Bachelorstudium in einigen Ingenieurdisziplinen die Prüfungen elektronisch. An der TU Chemnitz haben wir das Werkzeug „E-Prüfungen“ schon im letzten Jahr in einem Studiengang durch das Ablegen von Prüfungsvorleistungen simuliert. Mit Hilfe der Fellowship-Projektmittel konnten wir u. a. notwendige Anpassungen für die Durchführung mit dem Safe Exam Browser an die BPS beauftragen. Die große Herausforderung in diesem Semester war auch für uns die Durchführung von Prüfungen unter den geltenden Kontaktbeschränkungen. Wir haben sowohl elektronische Prüfungen von Zuhause aus durchgeführt, als auch mehrere Durchgänge hintereinander in kleinen Präsenzgruppen an der Hochschule. Was uns entgegenkam, war die Tatsache, dass unsere Studierenden diese Art von Prüfung schon kannten und somit ihren Kommilitonen einen Schritt voraus waren.

Von welchen Erfahrungen aus Ihrem Fellowship können auch andere Lehrende profitieren?

A. Scholtz & M. Ludwig: Wir haben einige Erfahrungen zusammengetragen, die wir gern auch an andere Lehrende weitergeben:

  • Eine frühzeitige Planung und Toolrecherche sowie Einarbeitung in die zu verwendenden Tools erleichtern später das eigentliche Arbeiten enorm.
  • Nah an den Themen dran sein, die Studierende beschäftigten und ein niedrigschwelliges Angebot schaffen, das zeit- und ortsunabhängig genutzt werden kann.
  • Formatvielfalt ist empfehlenswert, damit unterschiedliche Vorlieben und Lernkanäle angesprochen werden – dann ist für jeden etwas dabei.
  • Nicht alle Inhalte selbst erarbeiten, sondern bspw. durch Interviews Experten mit ins Boot holen.
  • Die von einer glaubwürdigen Stelle recherchierten Inhalte geben den Studierenden Orientierung im Internetdschungel und strukturieren Aneignungsprozesse beim Kompetenzerwerb vor.
  • Die Weiterempfehlung eines guten Angebots durch Teilnehmende ist nicht zu unterschätzen – wir haben dadurch die Hälfte der Teilnehmenden für dieses additive Angebot gewinnen können.
  • Das Weiterempfehlen bei den Teilnehmenden anzustoßen ist hilfreich und zufriedene Teilnehmende machen das dann auch gern.
  • Die evaluative Rückmeldung auf Online-Angebot ist leider deutlich geringer, als bei Präsenz-Veranstaltungen – diese Themen unbedingt von Anfang an mitdenken und motivierende Strategien einsetzen, damit die Formate auf der Grundlage des Feedbacks überarbeitet werden können.

Prof. Grüttmüller & Prof. Potts: Die technischen Neuerungen sind ab ONYX 8.11 (https://www.bps-system.de/help/display/OR/ONYX+Testsuite+8.11) für alle Onyx Nutzer verfügbar. Über unsere didaktischen Konzepte hinter den elektronischen Prüfungen und konkrete Umsetzungen haben wir verschiedentlich berichtet, so im Verbund Digitale Hochschulbildung Sachsen in einem digital workspace zum Thema „Gestaltung und Umsetzung von digitalen Klausuren“. Als ein Ziel bis zum Ende der Projektlaufzeit haben wir uns vorgenommen, ein frei zugängliches OPAL-Modul zu schaffen, in dem Lehrende eine „Spielwiese“ zum Ausprobieren von elektronischen ONYX-Prüfungen haben.

Sie haben sich in Ihren Fellowships jeweils mit einem spezifischen Themenfeld digital gestützter Lehre beschäftigt, was macht diesen Schwerpunkt (synchrones Lernen, asynchrone Betreuung oder digitales Prüfen) für Sie besonders reizvoll?

M. Ludwig: Als sinnvoller Zusatz und perfekte Brücke zu den synchron angebotenen Workshops bietet das asynchrone Lernen und Lehren für alle eine zeitlich flexible und gut handhabbare Bearbeitung. Sowohl in der Erstellung als auch im Wahrnehmen der Angebote lassen sich alle persönlichen Erfordernisse kombinieren und dann z. B. als Grundlage für ein Flipped Classroom Konzept im kommenden Semester nutzen.
M. Ludwig: Als sinnvoller Zusatz und perfekte Brücke zu den synchron angebotenen Workshops bietet das asynchrone Lernen und Lehren für alle eine zeitlich flexible und gut handhabbare Bearbeitung. Sowohl in der Erstellung als auch im Wahrnehmen der Angebote lassen sich alle persönlichen Erfordernisse kombinieren und dann z. B. als Grundlage für ein Flipped Classroom Konzept im kommenden Semester nutzen.

A. Scholtz: Digitale Kompetenzen sind ein wichtiges Themenfeld, dessen Bedeutung für jede Person immer mehr zunimmt. Das als Chance zu begreifen und mit ansprechenden Mitteln und einem vorstrukturierten Kurs an der persönlichen Kompetenzentwicklung arbeiten zu können, ist eine tolle Möglichkeit und kann nicht zeitig genug genutzt werden. Und das dann auch noch im eigenen Lerntempo und zur persönlichen Lieblingslernzeit am Lieblingslernort machen zu können, stellt für mich einen großen Vorteil dar.

Prof. Grüttmüller & Prof. Potts: Durch die Möglichkeit das Werkzeug „E-Prüfungen“ zum Beispiel als Teil einer schriftlichen Prüfung zu nutzen haben wir neue Möglichkeiten erlernte Kompetenzen abzuprüfen. Reizvoll ist die Herausforderung, die Aufgaben so zu gestalten, dass die Studierenden während des Semester durch die elektronische Feedbackgebung ihre Kompetenzen steigern und am Ende in der finalen Prüfung eine faire Einschätzung ihrer Leistung erhalten.